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Dienstbarkeit oder Bestandrecht – Eine Gebühren(de) Frage?

Kaleb Kitzmüller | 29.04.2021

Photo by Micheile Henderson on Unsplash

Für Branchenkenner „eh klar“: Die wenigsten Erneuerbare-Energie-Projekte werden (ausschließlich) auf eigenem Grund der Projektentwickler errichtet; einerseits natürlich aus Finanzierungsgründen, andererseits aber auch weil gerade in ländlichen Regionen der einmal erlangte Grund und Boden nicht gern (dauerhaft) aus der Hand gegeben wird (als „gstandener“ Oberösterreicher erlaubt sich der Autor diese kühne Behauptung).

Ist ein geeignetes (fremdes) Grundstück zur Projektumsetzung gefunden, ist demnach die Freude groß. Noch größer wird sie, wenn der Grundbesitzer der zeitweiligen Nutzung zustimmt. Was dabei oft vergessen wird – und die Freude meist mildert – , ist die Gebührenpflicht für die möglichen Nutzungsvereinbarungen.

1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 („GebG“) unterliegen Dienstbarkeiten einer Gebührenpflicht. Diese bestimmt sich nach dem „Wert des bedungenen Entgelts“ (also gewöhnlich dem Dienstbarkeitsentgelt) und beträgt 2% davon. Ist bei einer mehrjährigen Dienstbarkeit ein wiederkehrendes (zB jährliches) Entgelt vereinbart, ist als Bemessungsgrundlage das X-Fache des Dienstbarkeitszeitraumes anzusetzen. Bei unbestimmter Dauer ist mit § 15 Abs 2 BewG aber das 9-fache des Jahresentgelts als Grenze gesetzt worden.

Auch Bestandverträge (Miete/Pacht) unterliegen einer Rechtsgeschäftsgebühr (§ 33 TP 5 GebG). Für Bestandverträge wird jedoch als Gebühr einerseits nur 1% der Bemessungsgrundlage (des Bestandzinses) fällig, andererseits ist bei unbestimmter Dauer auch nur das 3-Fache des Jahreswertes als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Der Bestandvertrag ist demnach bei Verträgen auf unbestimmte Dauer gebührenrechtlich klar von Vorteil.

Berücksichtigt werden muss, dass sich die „unbestimmte Dauer“ nicht nur aus der vereinbarten Vertragsdauer ergibt. So können etwa vereinbarte vorzeitige Auflösungsmöglichkeiten aus einer Vereinbarung mit vermeintlich „unbestimmter Dauer“ eine Vereinbarung mit „bestimmter Dauer“ machen.

2. Der Bestandvertrag bei EE-Projekten?

Wie sich aus den obigen Rechtsgrundlagen ergibt, ist der Bestandvertrag bei Verträgen auf unbestimmte Dauer gebührenrechtlich klar im Vorteil. Dass die Sicherungen von Nutzungsrechten für Windparks an fremden Liegenschaften mittels Bestandvertrag gebührenrechtlich zulässig ist, wurde kürzlich auch durch die Judikatur bestätigt (siehe zuerst BFG 20.08.2019, RV 7102599/2018 und in der Folge VwGH 27.11.2019, Ra 2019/16/0179). Dabei wurde auch festgehalten, dass dies ebenso für gemischte Verträge gilt, sofern der überwiegende rechtliche und wirtschaftliche Zweck in der Zielrichtung einem Bestandvertrag zugeordnet werden kann. Und was nach der Judikatur für Windparks gilt, kann natürlich grundsätzlich auch auf andere erneuerbare Energieanlagen umgelegt werden.

3. Bestandvertrag als Idealtypus für EE-Projekte?

Trotzdem ist Vorsicht geboten. Die Gebührenbrille ist nicht die einzige Glasscheibe durch die das Thema der Sicherung von Nutzungsrechten begutachtet werden sollte. Auch wenn sich die Gebührenfrage vor allem bei (hohen) widerkehrenden Entgeltzahlungen stellt, sollten oftmals andere Erwägungen in den Vordergrund rücken. Hauptargument für die Dienstbarkeit ist dabei meist die Rechtssicherheit. Im Gegensatz zu dem (bloß) obligatorischen Bestandrecht, ist die Dienstbarkeit als dingliches Recht gegen jede Person durchsetzbar. Dafür steht auch eine eigene Klage – die Servitutenklage gemäß § 523 ABGB – zur Verfügung.

Da auch Bestandverträge in das Grundbuch eingetragen werden können, ist die Publizität (= „Sichtbarkeit“ für Dritte) grundsätzlich wie bei verbücherten Dienstbarkeiten gegeben. Beachtet werden muss, dass Bestandverträge – anders als Dienstbarkeiten – nur für eine bestimmte Zeit in das Grundbuch aufgenommen werden können, sofern ein Kündigungsverzicht des Bestandgebers vorliegt. Nach jüngerer Judikatur ist allerdings auch die Verbücherung von Bestandverträgen möglich, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurden, sofern sie nur das gesetzliche Kündigungsrecht des Bestandgebers in irgendeiner Form (Termine, Fristen, Gründe) beschränken. Für den Bestandnehmer bedeuten diese Abgrenzungen im Einzelfall natürlich eine gewisse Rechtsunsicherheit.

Bei Wasserkraftanlagen ist außerdem zu beachten, dass die Verdinglichung des Wasserrechts auf jenes Grundstück erfolgen muss, das im Eigentum des Wasserkraftwerkeigentümers steht. Weder eine Dienstbarkeit noch ein Bestandrecht an der Liegenschaft, mit der das Wasserrecht verbunden sind, können das Wasserrecht (nachträglich) sichern.

Insgesamt kann der Bestandvertrag – gerade nach der neuen Rechtsprechung des VwGH – aus gebührenrechtlicher Sicht durchaus als Grundlage für die Sicherung von Nutzungsrechten für Erneuerbare-Energie-Projekte in Erwägung gezogen werden. Geprüft werden sollte jedoch, ob im Einzelfall andere Erwägungen dagegen sprechen.

Kaleb Kitzmüller

Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. (Amsterdam) war Rechtsanwalt und Mitbegründer der Praxisgrupe 360°EE. Er verfolgt seine Passion für erneuerbare Energie nunmehr in der Privatwirtschaft.


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