Mit Strafrecht zu mehr Umweltschutz
Wir haben uns für Sie die EU-Richtlinie 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt genauer angesehen.
Johannes Hartlieb, Emil Nigmatullin | 07.03.2022
Für den Fall der Gefährdung der Energieversorgung verfügt Österreich über einen Notfallplan, in dem – in Durchführung der VO 2017/1938 – ein österreichspezifisches Maßnahmenbündel zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung in Fällen von Versorgungsengpässen niedergeschrieben ist. Darin ist auch vorgesehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen sog Energielenkungsmaßnahmen nach dem Energielenkungsgesetz 2012 („EnLG“) gesetzt werden. Nicht zuletzt hat die BMK am 28. Februar 2022 eine Sitzung des Energielenkungsbeirats, ein durch das EnLG eingerichtetes Beratungsgremium, einberufen, um die gegenwärtige Situation rund um mögliche Engpässe in der Erdgasversorgung zu diskutieren.
Klar ist, dass sich die Bewältigung der latenten Erdgaskrise in dem durch das EnLG vorgezeichneten Rahmen zu bewegen hat. Dieser Beitrag erörtert überblicksmäßig die konkreten Handlungsoptionen, die das EnLG eröffnet.
Zunächst stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Staat in den – vor allem unionsrechtlich weitreichend liberalisierten (vgl zu EU-Liberalisierungstendenzen auch Hartlieb/Nigmatullin, ÖJZ 2022, 246) und im GWG 2011 regulierten – Erdgasmarkt eingreifen darf. Das EnLG knüpft den Einsatz seiner Lenkungsinstrumente (siehe dazu sogleich) an gewisse Voraussetzungen: Sie dürfen – außer im Fall völker- oder unionsrechtlich bestehender Verpflichtungen – erst dann zum Einsatz kommen, wenn eine unmittelbar drohende oder bereits eingetretene Störung der Erdgasversorgung vorliegt, wobei die zugrundeliegende Störung weder auf eine saisonale Verknappungserscheinung rückführbar, noch durch marktkonforme Maßnahmen rechtzeitig und ohne Einsatz unverhältnismäßiger Mittel abwend- oder behebbar sein darf (§ 4 Abs 1 Z 1 EnLG). An diesen Voraussetzungen wird deutlich, dass der Erdgasmarkt solange wie möglich aufrechterhalten bleiben soll. Nicht marktgestützte Maßnahmen müssen und dürfen erst dann ergriffen werden, wenn der Markt nicht mehr funktioniert und dies nur für eine solche Dauer, als es zur Abwendung oder zur Behebung der Störung unbedingt erforderlich ist (vgl Notfallplan, S.13).
§ 26 EnLG schafft einen taxativen Katalog mit möglichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Erdgasversorgung. Dazu zählen insb.
Die genannten Maßnahmen dürfen nur zeitlich befristet erlassen werden (§ 5 Abs 3 EnLG). Zur Frage, in welcher Reihenfolge die angesprochenen Maßnahmen zu setzen sind, schweigt das EnLG. Die Entscheidung liegt wohl bei der verordnungserlassenden BMK (siehe dazu sogleich). Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung gelten als Bestandteil der Allgemeinen Bedingungen und der Gasversorgungsverträge (§ 34 Abs 1 EnLG).
Hingegen enthält das EnLG eine Regelung zur (prioritären) Verteilung des verfügbaren Erdgases: Demnach hat die Lieferung des verfügbaren Erdgases an die Endverbraucher nach dem Grade der Dringlichkeit, der Substituierbarkeit durch andere Energieträger und dem Ausmaß an volkswirtschaftlichen Auswirkungen unter Berücksichtigung der Sicherstellung der Gasversorgung für geschützte Kunden gemäß der Verordnung (EU) 2017/1938 sowie der Wärmeversorgung der Privathaushalte zu erfolgen (§ 29 Abs 1 EnLG).
Das EnLG sieht gewissermaßen eine Zuständigkeitenkaskade vor: Die BMK hat die angesprochenen Lenkungsmaßnahmen – unter grds. vorheriger Befassung des Hauptausschusses des Nationalrats – mit Verordnung zu erlassen (§ 5 i.V.m. § 26 EnLG).Die Regulierungsbehörde ist mit der Vorbereitung und Koordinierung der Lenkungsmaßnahmen – etwa mit der Durchführung eines „Monitorings der Versorgungssicherheit“ – betraut (§ 27 EnLG). Die operative Umsetzung der Maßnahmen obliegt den in der BMK-Verordnung diesbezüglich in Pflicht genommenen Teilnehmern des Erdgasmarktes.
Sollte eine „Erdgas-LenkungsVO“ erlassen werden, hat das EnLG die Einhaltung der darin vorgeschriebenen Lenkungsmaßnahmen durch eine Reihe von Verwaltungsstraftatbeständen abgesichert: Im Zentrum steht dabei die Nichteinhaltung von Ge- und Verboten, die in der „Erdgas-LenkungsVO“ oder allenfalls darauf Bezug habenden Bescheiden vorgesehen sind. Diesfalls kann die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde eine Geldstrafe i.H.v. bis zu EUR 72.660 verhängen (§ 39 Abs 1 Z 1 lit a EnLG). Täter, die entgegen von Beschränkungsmaßnahmen zu viel Erdgas verbrauchen, sind nicht zu bestrafen, wenn sie eine Mehrverbrauchsgebühr zum Erdgaspreis gemäß § 33 EnLG entrichten (§ 40 Abs 1 EnLG).
Sollten die aktuellen Entwicklungen hinkünftig dazu führen, dass Österreich ein Erdgas-Versorgungsengpass droht, besteht mit dem „Notfallplan zur Gewährleistung der Sicherheit der Erdgasversorgung“ sowie dem Energielenkungsgesetz 2012 ein Rahmen zur Bewältigung einer möglichen Erdgaskrise. Was bereits jetzt klar ist: Unabhängig von den besprochenen – temporären – Krisenbewältigungsmechanismen ist die Stärkung der österreichischen Energieautarkie ein Schlüssel der Energiewende.
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