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Kein (Netz-)Anschluss unter dieser Nummer?

Johannes Hartlieb | 24.03.2023

pixabay by AshrafChemban

Es ist eine Binsenweisheit, dass starke Stromnetze eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende darstellen. Damit ist der Netzausbau angesprochen. Gleichzeitig braucht es auch Rechtssicherheit für Anlagenbetreiber und Stromerzeuger im Hinblick auf den Netzanschluss ihrer Anlagen und auf die zu zahlenden Netzzutrittsentgelte. Wir haben über diese Problematik bereits mehrfach berichtet.

Zwar hat der Gesetzgeber versucht, mit der ElWOG-Novelle 2021 („EAG-Paket“) den Stromnetzzutritt für Ökostromanlagen zu vereinfachen. Zwei aktuelle Entwicklungen zeigen jedoch, dass dies bis dato nicht gelungen ist und nachbessernde Regelungen im kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz sehnlichst erwartet werden:

Regulierungskommission der E-Control zum Netzzutrittsentgelt

Nachdem es im Hinblick auf die Höhe des Netzzutrittsentgelts für den Netzanschluss von Ökostromanlagen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Zugangswerbern/Anlagenbetreibern und den Netzbetreibern gibt, ist ein derartiger Fall im letzten Jahr an die Regulierungskommission der E-Control (REK) als Schlichtungsstelle herangetragen worden.

Die REK hat bescheidmäßig entschieden, dass auch für den Netzanschluss von Ökostromanlagen kein Netzzutrittsentgelt zu bezahlen ist, wenn weder ein neuer Anschluss errichtet noch ein bestehender Anschluss ertüchtigt werden muss. Daneben ist bei der Berechnung der Höhe des Netzzutrittsentgelts die bezugsseitig vereinbarte Anschlussleistung in Abzug zu bringen.

Konkret wurde seitens des Netzbetreibers für den Anschluss von zwei PV-Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 16.704 kW auf dem Betriebsgelände des Anschlusswerbers ein Netzzutrittsentgelt gefordert. Die beiden PV-Anlagen wurden in den Jahren 2021 und 2022 errichtet und dienen primär dem Eigenbedarf (Überschusseinspeiser). Zwischen Netzbetreiber und Anschlusswerber war am Anschlusspunkt bereits ein Netznutzungsrecht mit einer Kapazität von 40 MVA vereinbart. Für den Netzbetreiber war die Anbindung der beiden PV-Anlagen mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden, mit Ausnahme der Kosten für den Umbau der Messeinrichtung.

Der Anspruch auf das Netzzutrittsentgelt entsteht bei erstmaliger Herstellung einer Leitungsanlage durch den damit verbundenen Aufwand.

Regulierungskommission der E-Control

In ihrer rechtlichen Beurteilung führt die REK aus, dass der Netzzutritt als erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses zu definieren ist. Ausbaumaßnahmen im Netz sind nicht dem Netzzutrittsentgelt, sondern dem Netzbereitstellungsentgelt zuzurechnen. Da die bestehende Leitungsanlage ohne Änderung auch zur Einspeisung verwendet werden kann, entsteht dem Netzbetreiber kein abzugeltender Aufwand. Eine Differenzierung nach Nutzung erfolgt nicht.

Da ein Gerichtsverfahren anhängig gemacht wurde, wurde der Bescheid der REK nicht rechtskräftig.

Aktualisierter Leitfaden der E-Control zum Netzanschluss

Daneben hat die Energieregulierungsbehörde E-Control einen aktualisierten Leitfaden zum Thema Netzanschluss veröffentlicht und sich darin auch zum Netzzutrittsentgelt geäußert.

Die Frage, ob bei der Ermittlung der Engpassleistung die bezugsseitig vereinbarte Anschlussleistung in Abzug zu bringen ist, kann nicht abschließend beantwortet werden.

Energieregulierungsbehörde E-Control

Folgende Aussagen der E-Control sind hervorzuheben:

  • Die Frage, ob bei der Ermittlung der Engpassleistung bei einem bestehenden Netzanschluss die bezugsseitig vereinbarte Anschlussleistung in Abzug zu bringen ist, kann aufgrund eines offenen Verfahrens (siehe oben) nicht abschließend beantwortet werden.
  • Die Netzzutrittspauschale fällt nur für die Engpassleistung der Erzeugungsanlage an, die über dem Wert (kW) des entnahmeseitigen Netznutzungsrechts liegt, wenn die tatsächlichen Errichtungskosten 175 Euro pro kW übersteigen.
  • Bei Leistungserhöhungen ist für die Festlegung der Pauschale die Gesamtleistung der Anlage nach Änderung heranzuziehen. Die Pauschale ist jedoch nur für die zugebauten kW zu entrichten.
  • Werden an einem gemeinsamen Netzanschlusspunkt unterschiedliche Stromerzeugungsanlagen errichtet, bemisst sich das zu entrichtende Netzzutrittsentgelt zumindest an der Engpassleistung der größten Erzeugungsanlage.
  • Mit weiteren Vorgaben gemäß Marktregeln verbundene Kosten sind im pauschalierten Netzzutrittsentgelt nicht enthalten und sind vom Netzbenutzer zu tragen.
  • Spezialfälle, die einzelne Netzanschlüsse außerhalb besiedelter Gebiete, sind immer für sich zu betrachten und vom Netzbetreiber zu bewerten.

Unverkennbare Gegensätze und Ausblick auf Stromregulierung Neu

Die Gegenüberstellung der beiden Zugänge zeigt, wie groß die Rechtsunsicherheit aus Sicht aller Stakeholder (Netzbenutzer wie Netzbetreiber) ist. Während sich die REK auf die Seite der Netzbenutzer lehnt, versucht die E-Control einen Ausgleich zwischen den teils gegenläufigen Interessen bzw. lässt eine netzbetreiberfreundliche Interpretation erkennen. Damit sind die Gerichte und insbesondere der Gesetzgeber am Zug. Die „Stromregulierung Neu“ wird sehnlichst erwartet.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.


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