360° EE in der Zeitung: Energiewende am „Runden Tisch“
360° EE in der Zeitung: Energiewende am „Runden Tisch“.
Johannes Hartlieb, Emil Nigmatullin | 20.12.2021
Frankreich hat eines, Deutschland hat eines – jetzt soll auch Österreich ein nationales Emissionshandelssystem bekommen. Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform wurde der Entwurf eines Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes („NEHG 2022“) veröffentlicht. Dies soll jene Sektoren betreffen, die nicht vom EU-Emissionshandel und damit vom Emissionszertifikategesetz 2021 erfasst sind. Wir haben den Gesetzesentwurf unter die Lupe genommen.
§ 2 Abs 1 des Entwurfs sieht vor, dass das Gesetz für Treibhausgasemissionen aus (fossilen) Energieträgern, die in Österreich in Verkehr gebracht werden, gilt. Das neue Gesetz setzt damit beim Inverkehrbringen an. Insofern kommt es, wie die Materialien betonen, zu einer „indirekten“ Zurechnung zum jeweiligen Treibhausgasemittenten. Es soll nicht auf den tatsächlichen Einsatz der genannten Energieträger ankommen.
Als „in Verkehr gebracht“ gelten die genannten Energieträger im Wesentlichen dann, wenn die Steuerschuld nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen (Mineralölsteuergesetz, Kohleabgabegesetz, Erdgasabgabegesetz) entsteht. Als verpflichtete „Handelsteilnehmer“ gelten somit primär Großhändler, Erzeuger oder Importeure von fossilen Energieträgern. Diese Energieträger dürfen nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie zuvor registriert wurden und der Handelsteilnehmer nationale Emissionszertifikate erwirbt. Dazu muss der Handelsteilnehmer ein Überwachungskonzept vorlegen.
Jeder Handelsteilnehmer hat nach Ablauf eines Kalenderjahres die ihm zugerechneten Treibhausgasemissionen des Vorjahres zu ermitteln und der zuständigen Behörde bis 30.06. elektronisch zu melden. Gleichzeitig hat jeder Handelsteilnehmer die auf dieser Basis berechnete Anzahl an nationalen Emissionszertifikaten abzugeben.
Da die Pflicht zur Abgabe von Emissionszertifikaten von der Höhe der zugerechneten Treibhausgasemissionen abhängt, kommt dieser „Zurechnung“ entscheidende Bedeutung zu. Gerade zu dieser wichtigen Frage schweigt der Gesetzesentwurf. Näheres soll offenbar per Verordnung festgelegt werden. Dabei wird es maßgeblich auf den jeweiligen Abnehmer ankommen: Handelt es sich um einen Industriebetrieb, können die Emissionen gemessen und dem Lieferanten entsprechend zugerechnet werden. Das ist im Verkehrs- und Gebäudebereich nicht praktikabel, weshalb man hier wohl schlicht von der Menge an fossilen Energieträgern ausgehen wird.
Handelsteilnehmer, die dem Emissionszertifikategesetz 2011 unterliegende Unternehmen mit den genannten Energieträgern beliefern, sind von der Verpflichtung zur Abgabe von nationalen Emissionszertifikaten befreit. Diese Befreiung gilt ausschließlich für jene Mengen an Energieträgern, für die sowohl eine Verpflichtung zur Abgabe von nationalen Emissionszertifikaten als auch zur Abgabe von Emissionszertifikaten nach EZG 2011 besteht. Damit soll eine Doppelbelastung verhindert werden.
Führt der nationale Emissionshandel überdies dazu, dass bestimmte Unternehmen besonders stark betroffen sind, können diese einen Antrag auf anteilige Entlastung der Mehrbelastung stellen („Härtefälle“). Dabei kommt es maßgeblich auf die Höhe der zusätzlich verursachten Energiekosten an. Das beantragende Unternehmen hat ein verpflichtendes Energieaudit durchzuführen; die Entlastungszuschüsse sind überdies primär für Klimaschutzmaßnahmen zu verwenden.
Auf die übrigen Befreiungs- und Entlastungsmaßnahmen (z.B. für „carbon leakage“-Unternehmen) sei an dieser Stelle nur verwiesen.
Um die betroffenen Sektoren nicht zu überfordern, soll der nationale Emissionshandel stufenweise eingeführt werden: Die Fixpreisphase (2022–2025) wird dabei in eine Einführungsphase (01.07.2022–31.12.2023) und eine Übergangsphase (01.01.2024–31.12.2025) unterteilt. Der bis zur Marktphase ab 01.01.2026 geltende Zertifikatspreis beträgt EUR 30 (ab 2022) bis EUR 55 (ab 2025).
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