Zum Hauptmenü Zum Inhalt

Ewigkeitschemikalien (PFAS): Gekommen, um zu bleiben

Johannes Hartlieb, Alexander Gimona | 08.06.2025

Foto von Alex auf Unsplash

Die medial unter dem Begriff der „Ewigkeitschemikalien“ rezipierten Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind eine Gruppe von synthetischen Chemikalien, die wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in zahlreichen Alltags- und Industrieprodukten enthalten sind. Ihre Kehrseite: Sie bauen sich kaum ab, reichern sich in Umwelt und Körper an und gelten als potenziell gesundheitsschädlich.

Der europäische Gesetzgeber nimmt PFAS nun in den Fokus seiner Regulierung und plant, vom bestehenden Ansatz des singulären Verbots bestimmter Chemikalien zu einem allgemeinen Verbot aller Chemikalien zu wechseln. Dieser Artikel soll einen Überblick über den aktuellen Rechtsrahmen in der EU und Österreich geben und aktuelle Entwicklungen aufzeigen.

Bestehende EU-Regelungen: Was derzeit gilt

REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
Mehrere PFAS wie PFOA, PFOS und PFHxS sind als besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) eingestuft. Ihre Verwendung wird durch den Anhang XVII der VO stark eingeschränkt.

POP-Verordnung (EU) 2019/1021
Diese Verordnung über persistente organische Schadstoffe (POPs) setzt das Stockholmer Übereinkommen um und verbietet unter anderem PFOS und PFOA weitgehend.

Trinkwasserrichtlinie (EU) 2020/2184
Ab Januar 2026 gelten EU-weit erstmals verbindliche PFAS-Grenzwerte im Trinkwasser: 0,1 µg/l für einzelne Substanzen, 0,5 µg/l für die Summe aller PFAS.

Lebensmittelrecht (VO (EU) 2023/915)
Seit Anfang 2023 gelten für ausgewählte PFAS in Fisch, Eiern und Fleisch produktbezogene Grenzwerte, z. B. 2 µg/kg für PFOS in Fisch.

Lebensmittelkontaktmaterialien (VO (EG) Nr. 1935/2004)
Diese Verordnung regelt Materialien wie Verpackungen und Kochgeschirr, die mit Lebensmitteln direkt in Kontakt kommen. PFAS-haltige Stoffe stehen dabei verstärkt im Fokus von Prüfbehörden.

Geplante EU-Maßnahmen: Allgemeines PFAS-Verbot?

Die bestehende Regulierung schränkt somit die Verwendung bestimmter Chemikalien, die als besonders schädlich gelten, ein. Dabei wird laufend an Beschränkungen von ausgewählten PFAS gearbeitet. Als Regel sind PFAS somit erlaubt, im Ausnahmefall bestehen Verbote.

Dieser Ansatz soll nun zu einem allgemeinen PFAS-Verbot mit ausnahmsweise erlaubter PFAS-Verwendung umgekehrt werden. Deutschland, die Niederlande, Dänemark, Norwegen und Schweden haben 2023 einen gemeinsamen Vorschlag zur entsprechenden Anpassung der REACH-Verordnung eingebracht, der ein nahezu vollständiges Verbot von PFAS in Verbraucherprodukten vorsieht. Lediglich essenzielle industrielle Anwendungen sollen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin erlaubt sein. Eine finale Entscheidung der EU-Kommission wird dieses oder nächstes Jahr erwartet. Der Vorstoß gilt als eine der weitreichendsten Chemikalienregulierungen in der Geschichte der Union.

Ergänzend wurde im September 2024 bereits eine spezifische Beschränkung für Perfluorhexansäure (PFHxA) beschlossen. Die Verwendung in Textilien, Kosmetika und Verpackungen ist künftig untersagt.

Österreich: Zwischen Umsetzung und Aufholbedarf

Das Klimaschutzministerium veröffentlichte im September 2024 einen Aktionsplan zur Reduktion der PFAS-Belastung. Dieser sieht u.a. folgende Maßnahmen vor:

  • Verstärkter Informationsaustausch und Koordinierung,
  • Maßnahmen zur Vermeidung neuer Kontaminationen,
  • Sanierung bestehender Altlasten,
  • Einrichtung einer interdisziplinären PFAS-Plattform unter Einbindung von AGES, BML, BMK und BMSGPK,
  • Evaluierung nach vier Jahren.

Trinkwasser: Monitoring und Umsetzung

Zwischen 2021 und 2024 wurden 1.240 Trinkwasserproben in Österreich auf 20 verschiedene PFAS untersucht. 0,5 % der Proben überschritten den künftigen EU-Grenzwert von 0,1 µg/l. Bei der nationalen Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie ist Österreich säumig.

Lebensmittel: Rückstände und Schwerpunktaktionen

2023 und 2024 wurden insgesamt 278 Lebensmittelproben untersucht. PFOS war am häufigsten nachweisbar, mit Spitzenwerten von bis zu 23 µg/kg in Straußeneiern. Auch PFOA, PFNA und vereinzelt PFHxS wurden nachgewiesen – insbesondere in Fisch, Eiern und Wildschweinfleisch. Grenzwertüberschreitungen sind selten, doch die Belastung bleibt punktuell relevant.

Ausblick: Compliance, Verantwortung und Zukunftsausblick

Die Regulierung von PFAS schreitet mit hoher Geschwindigkeit voran – auf EU- wie auf nationaler Ebene. Mit dem umfassenden REACH-Beschränkungsvorschlag steht die wohl tiefgreifendste Chemikalienregulierung der EU bevor. Unternehmen sind gefordert, ihre Lieferketten und Produkte auf PFAS zu prüfen. Behörden müssen vor allem das Monitoring weiter ausbauen.

Ob aus Konsumentenschutz-, Umwelt- oder Compliance-Perspektive: PFAS sind gekommen, um zu bleiben – auch auf den Radarschirmen von Politik, Industrie und Öffentlichkeit.

Hinzuweisen ist auf den ersten „Österreichischen PFAS-Tag“ des ÖWAV (Österreichischer Wasser- und Abfallwirtschaftsverband) um aktuelle Erkenntnisse, Herausforderungen und offene Fragen rund um PFAS in der Wasser- und Abfallwirtschaft zu beleuchten. Hochkarätige Expertinnen aus dem In- und Ausland diskutieren die Auswirkungen der „Ewigkeitschemikalien“ und mögliche Lösungsansätze.

Wir bleiben jedenfalls an den aktuellen Entwicklungen dran und halten sie auf dem Laufenden.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.

Alexander Gimona

Alexander Gimona, LL.B. (WU) ist juristischer Mitarbeiter bei Haslinger / Nagele Rechtsanwälte.


Energiemangel? Der 360°EE-Newsletter lädt Sie auf!

Mit uns kommen Sie mit Hochspannung durch die Energiewende! Der 360°EE-Newsletter sorgt regelmäßig für frischen Wind in Ihrem E-Mail-Postfach. Einfach anmelden und mit einem Klick zur Erleuchtung! Natürlich auch jederzeit wieder abbestellbar.

Newsletter Anmeldung