Zum Hauptmenü Zum Inhalt

PPAs und das neue Strommarktdesign der EU

Kaleb Kitzmüller | 05.04.2023

Foto von Appolinary Kalashnikova auf Unsplashed

Am 14.03.2023 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU vorgelegt (COM/2023/148 final). Um Energieverbraucher künftig vor starken Strompreisschwankungen zu schützen, soll damit unter anderem der Zugang zu einer größeren Auswahl an Verträgen und ein direkterer Zugang zu erneuerbarer und CO2-armer Energie ermöglicht und gleichzeitig eine Senkung des Investitionsrisikos für Unternehmen erreicht werden.

Neben der Begünstigung von zweiseitigen Differenzverträgen („Contracts for Difference“) wird dabei insbesondere erstmals die Nutzung von langfristigen Strombezugsverträgen (Power Purchase Agreements – PPAs bzw Corporate Power Purchase Agreements – CPPAs) ins Auge gefasst.

CPPAs sind (langfristige) bilaterale Bezugsvereinbarungen zwischen Stromerzeugern und Nicht-Energie-Unternehmen als Stromkäufern. Sie gewährleisten langfristige Preisstabilität für den Kunden und die Sicherheit, die der Erzeuger benötigt, um die Investitionsentscheidung zu treffen.

Wie die EU-Kommission richtig erkennt, gibt es in der EU zwar bereits einen sich rapide entwickelnden CPPA-Markt, Erzeuger und Käufer haben jedoch bei der Umsetzung mit diversen Hindernissen zu kämpfen. Bisher ist die Gruppe der Käufer in der Regel auf große Unternehmen beschränkt, kleine Käufer sind gewöhnlich nicht von Interesse für Erzeuger (Stichwort: Zahlungsausfallrisiko).

Entwurf Artikel 19a ElektrizitätsbinnenmarktVO

Um diese oben erwähnten Hindernisse zu beseitigen, soll der Elektrizitätsbinnenmarkt-VO (EU) 2019/943 der Artikel 19a hinzugefügt werden, welcher Regelungen zu CPPAs enthält.

Demnach sollen die Mitgliedstaaten PPAs insgesamt fördern und zB mit Instrumenten wie Garantieregelungen zu Marktpreisen, die finanziellen Risiken im Zusammenhang mit Zahlungsausfällen von Abnehmern verringern. Dadurch soll auch Kleinabnehmern der Zugang zu PPAs ermöglicht werden.

Auch bei Förderbedingungen für Strom aus erneuerbaren Quellen sollen PPAs künftig besonders berücksichtigt werden. Vorteile sollen sich etwa für Projekte ergeben, bei denen ein Teil des Stroms für den Verkauf im Rahmen eines PPA oder anderer marktbasierter Vereinbarungen reserviert ist.

Nationale Detailregelungen gewünscht!

Auch wenn die Elektrizitätsbinnenmarkt-VO (EU) 2019/943 unmittelbar in den Mitgliedsstaaten anwendbar ist, können im nationalen Recht Detailregelungen vorgesehen werden. Passenderweise ist das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gerade mit der Erarbeitung des neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) beschäftigt, welches das ElWOG 2010 ersetzen soll (im Besten Fall noch Ende diesen Jahres).

Ein idealer Zeitpunkt also, um auch im nationalen Recht einen Booster für (C)PPAs einzubauen. Vorlagen für Maßnahmen gibt es bereits. Vergleiche etwa die in § 6 Abs 4 Umweltförderungsgesetz normierte Möglichkeit zur Übernahme von Haftungen durch das Austria Wirtschaftsservice (AWS) für Energie-Contracting-Verträge. Diese Möglichkeit besteht übrigens schon seit dem Jahr 2020, genutzt wurde sie nur leider bisher noch nicht.

Doch dem Reden sollen stets auch Taten folgen, darum hier einige Vorschläge zur Förderung von (C)PPAs:

  • Ausnahme von Gewinnen aus PPAs vom Energiekrisenbeitrag-Strom des EKBSG („Übergewinnsteuer“)
  • Reduktion der Hindernisse hinsichtlich Direktleitungen
  • Aufnahmeberechtigung des Erzeugers in die Bilanzgruppe, wenn bestehendes Gruppenmitglied PPA mit diesem Erzeuger abschließt
  • Ermöglichung des gemeinsamen Erwerbs erneuerbarer Energie durch PPAs für kleine Wirtschaftsparks oder Industriecluster
  • Erleichterungen in Bewilligungsverfahren wenn PPA mit Bewilligungsantrag vorgelegt wird
  • Schaffung einer nationalen PPA Clearingstelle als Dienstleister für Abrechnung
  • Spezifische Förderungen / spezielles Marktprämienkontingent
  • Zurverfügungstellung der Speicherkapazitäten von staatsnahen Unternehmen
  • Minimierung des Ausgleichsenergierisikos
  • Reservierung von Cross Border Übertragungskapazitäten für PPAs (PTRs/FTRs)
  • Diversifizierungsverpflichtung für Großabnehmer
  • Abnahmepflicht für Staatsnahe Unternehmen

Bei Beratungsbedarf zu Power Purchase Agreements und sonstigen Energielieferverträgen steht Ihnen unser PPA-Experte Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. gerne zur Verfügung.

Zitat Artikel 19a (Strombezugsverträge) Entwurf Verordnung zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU

(1) Die Mitgliedstaaten fördern Strombezugsverträge, um die Ziele aus ihrem integrierten nationalen Energie- und Klimaplan in Bezug auf die Dimension ‚Dekarbonisierung‘ gemäß Artikel 4 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2018/1999 zu erreichen und gleichzeitig wettbewerbsfähige und liquide Elektrizitätsmärkte zu bewahren.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Instrumente wie Garantieregelungen zu Marktpreisen, die die finanziellen Risiken im Zusammenhang mit Zahlungsausfällen von Abnehmern im Rahmen der Strombezugsverträge verringern sollen, vorhanden sind und gemäß den Artikeln 107 und 108 AEUV für Kunden zugänglich sind, die von Marktzutrittsschranken auf dem Markt für Strombezugsverträge betroffen sind und sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten befinden. Die Mitgliedstaaten berücksichtigen dabei die auf Unionsebene vorhandenen Instrumente. Die Mitgliedstaaten legen anhand diskriminierungsfreier Kriterien fest, an welche Kundenkategorien sich diese Instrumente richten.

(3)Von den Mitgliedstaaten gedeckte Garantieregelungen für Strombezugsverträge müssen Bestimmungen enthalten, die eine Verringerung der Liquidität auf den Elektrizitätsmärkten verhindern, und dürfen den Erwerb von Strom aus fossilen Brennstoffen nicht fördern.

(4) Bei der Gestaltung der Förderregelungen für Strom aus erneuerbaren Quellen geben die Mitgliedstaaten Projekten, bei denen ein Teil des Stroms für den Verkauf im Rahmen eines Strombezugsvertrags oder anderer marktbasierter Vereinbarungen reserviert ist, die Möglichkeit zur Teilnahme, und sie bemühen sich um die Anwendung von Bewertungskriterien, die Kunden, die von Hindernissen beim Zutritt zum Markt betroffen sind, Anreize für den Zugang zum Markt für Strombezugsverträge bieten. Diese Bewertungskriterien können insbesondere Bietern den Vorzug geben, die für einen Teil der Stromerzeugung im Rahmen des Projekts einen unterzeichneten Strombezugsvertrag oder die Zusage zur Unterzeichnung eines Strombezugsvertrags durch einen oder mehrere potenzielle Käufer vorlegen, die von Hindernissen beim Zutritt zum Markt für Strombezugsverträge betroffen sind.

(5) In den Strombezugsverträgen werden die Gebotszone der Lieferung und die Verantwortung für die Sicherung der zonenübergreifenden Übertragungsrechte für den Fall einer Änderung der Gebotszone gemäß Artikel 14 festgelegt.

(6) In den Strombezugsverträgen werden im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht der Union die Bedingungen festgelegt, unter denen Kunden und Erzeuger aus den Strombezugsverträgen austreten können, z. B. geltende Austrittsgebühren und Kündigungsfristen.

Kaleb Kitzmüller

Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. (Amsterdam) war Rechtsanwalt und Mitbegründer der Praxisgrupe 360°EE. Er verfolgt seine Passion für erneuerbare Energie nunmehr in der Privatwirtschaft.


Energiemangel? Der 360°EE-Newsletter lädt Sie auf!

Mit uns kommen Sie mit Hochspannung durch die Energiewende! Der 360°EE-Newsletter sorgt regelmäßig für frischen Wind in Ihrem E-Mail-Postfach. Einfach anmelden und mit einem Klick zur Erleuchtung! Natürlich auch jederzeit wieder abbestellbar.

Newsletter Anmeldung