EE-Rechtsprechung Aktuell – Volume 2
In der zweiten Ausgabe „EE-Rechtsprechung Aktuell“ halten wir Sie weiterhin über aktuelle Rechtsprechung rund um die Energiewende auf dem Laufenden.
Johannes Hartlieb, Emil Nigmatullin | 01.05.2022
Österreich verfügte bis zuletzt über keine gesetzliche Regelung, mit der die verpflichtende Vorhaltung einer Gasreserve festgelegt wurde. Aktuelle geopolitische Entwicklungen und die damit einhergehenden Sorgen um die österreichische Versorgungssicherheit haben es notwendig gemacht, einen gewissen Erdgasvorrat – ähnlich der Erdölreserve nach dem Erdölbevorratungsgesetz 2012 – gesetzlich sicherzustellen.
Mit der nunmehr im Nationalrat beschlossen GWG-Novelle wurde die strategische Gasreserve auf ein rechtliches Fundament gestellt. Im Folgenden werden die wesentlichen Eckpunkte dieser Novelle dargestellt:
Die Verteilergebietsmanager werden – im Wege einer Beleihung – mit der Vorhaltung der strategischen Gasreserve betraut. Ziel ist es, die Versorgungssicherheit in den jeweiligen Marktgebieten sicherzustellen. Da das österreichische Leitungsnetz in drei Marktgebiete eingeteilt ist, in denen jeweils ua der Marktgebietsmanager mit der Erfüllung von Systemdienstleistungen beauftragt ist (§ 12 GWG), erweist sich die Inpflichtnahme der jeweiligen Marktgebietsmanager in Bezug auf die operative Abwicklung der strategischen Gasreserve als zweckmäßig.
Die Vorhaltung der Gasreserve erfolgt in Speicheranlagen, die für eine unmittelbare Ausspeisung in die Marktgebiete genutzt werden können. Die Höhe der (zu beschaffenden) strategischen Gasreserve bemisst sich nach der jeweils im Jänner an Netzbenutzer abgegebenen Gasmenge (§ 18a Abs. 2 GWG). Laut Parlamentsinformationen ergibt sich für das Jahr 2022 ein Gesamtverbrauch im Jänner von 12,6 TWh. Die Verteilergebietsmanager haben die strategische Gasreserve im Rahmen eines marktbasierten, transparenten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschreibungsverfahrens zu beschaffen, wobei die Beschaffung auch in mehreren Tranchen erfolgen kann. Die Verteilergebietsmanager sind Eigentümer der strategischen Gasreserve. Die Ausschreibungsbedingungen sind der BMK und dem BMF vor Durchführung der Ausschreibungsverfahren anzuzeigen (§ 18b Abs. 1 GWG).
Die Gasreserve soll erstmalig am 1. November 2022 zur Verfügung stehen (§ 18b Abs. 1 GWG).
Die Freigabe der zuvor beschaffenen Gasreserve erfolgt ausschließlich im Rahmen einer Verordnung der BMK nach dem Energielenkungsgesetz 2012 (§ 18c Abs. 1 GWG). Damit ist klar, dass die Freigabe der Gasreserve als Energielenkungs-maßnahme zu qualifizieren ist. Wer in welcher Reihenfolge die Gasreserve in Anspruch nehmen kann, ist weder im GWG, noch im EnLG 2012 festgelegt und liegt daher im Ermessen der verordnungserlassenden BMK.
Der Bund haftet für Schäden, die von Vorständen, Geschäftsführern oder Dienstnehmern des Verteilergebietsmanagers im Rahmen der operativen Durchführung der Gasreserve verursacht werden, nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes (§ 18d Abs. 1 GWG).
Die gesetzliche Verpflichtung zur Vorhaltung einer Gasreserve ist ein Instrument zur – temporären – Bewältigung einer möglichen Erdgaskrise. Das genaue Ausschreibungsprozedere, die Verteilung der Gasreserve sowie allfällige Haftungs- und Rechtsschutzfragen sind hierbei jedoch noch weitestgehend ungeklärt. Was bereits jetzt klar ist: Unabhängig von der Gasreserve ist die Stärkung der österreichischen Energieautarkie ein (mittel- und langfristiger) Schlüssel der Energiewende.
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