Mit Strafrecht zu mehr Umweltschutz
Wir haben uns für Sie die EU-Richtlinie 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt genauer angesehen.
Kaleb Kitzmüller, Adrian Kubat | 12.09.2023
Während Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) bislang ausschließlich als Vereine und Genossenschaften gegründet wurden, entdecken nun auch Unternehmen diese Möglichkeit der Energieverteilung für sich und wollen dafür auch Kapitalgesellschaften nutzen. Dabei gilt: auch wenn Energiegemeinschaften oft als „Sonderform“ wahrgenommen werden, gelten grundsätzlich die auf die jeweilige Rechtsform anwendbaren Vorschriften. Damit stellen sich aber auch zum Thema Einlagenrückgewähr neue Fragen. Wenngleich es bislang an Rechtsprechung zur Einlagenrückgewähr in der Energiegemeinschaft fehlt, ist die Tragweite der Problematik eine große – Geschäfte, die gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen sind immerhin mit Nichtigkeit bedroht und könnten so das Funktionieren der Energiegemeinschaft gefährden.
Bereits unmittelbar aus dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und dem ELWOG 2010 ergibt sich, dass sowohl die EEG als auch die BEG auch in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gegründet werden können. Künftig steht dafür auch die FlexKap zur Verfügung (Über die Vorteile der FlexKap für Energiegemeinschaften berichten wir bald hier.). Nun unterscheidet sich der Zweck von Energiegemeinschaften aber zum Teil grundlegend von anderen Geschäftstätigkeiten für die Kapitalgesellschaften genutzt werden. Verträge werden laufend zwischen verbundenen Mitgliedern oder zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern (= Gesellschaftern) geschlossen und sogar das EAG sowie ELWOG 2010 selbst verpflichten die Energiegemeinschaften dazu, ihren Mitgliedern (Gesellschaftern), bestimmte Vorteile (auch wirtschaftlicher Natur) zu gewähren. Bezieht nun aber ein Gesellschafter Strom zu vergünstigten Preisen oder stellt bei der Beteiligung einer Unternehmensgruppe an einer BEG eine Schwester-GmbH ihre PV-Anlagen der BEG zur Verfügung, läuten bei Gesellschaftsrechtlern die Alarmglocken, verbietet doch das strenge Kapitalerhaltungsregime grundsätzlich derartige Transaktionen. Diese Problematik kann sich im Übrigen auch bei sogenannten „verdeckten Kapitalgesellschaften“ stellen, bei denen keine natürliche Personen als Haftende vorhanden sind (also zB auch bei der Verein & Co KG, Genossenschaft & Co KG). Auch dort sind die Regeln der Kapitalerhaltung kraft Analogieschluss anzuwenden.
Kern dieser Kapitalerhaltungsvorschriften ist das Verbot der Einlagenrückgewähr, wonach, ausgenommen vom Bilanzgewinn und einem etwaigen Liquidationserlös, keine vermögenswerten Leistungen an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen. Umfasst sind aber nicht nur offene Vermögenszuwendungen, sondern auch solche, die in ein Vertragsverhältnis gebettet sind (verdeckte Einlagenrückgewähr). Interessant sind für die Belange der Energiegemeinschaft gerade Letztere, da in Energiegemeinschaften gerade die (vergünstigte) Weitergabe von Energie unabhängig vom Strommarktwert angestrebt wird. Gerade diese Energieverteilung kann aber gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen. Dabei ist jeweils im Einzelnen zu prüfen, ob die Transaktion einem Drittvergleich standhält. Nach der ständigen Rechtsprechung ist zu hinterfragen, ob die Gesellschaft das Geschäft überhaupt und wenn ja, auch zu denselben Konditionen mit einem gesellschaftsfremden Dritten geschlossen hätte. Während man wohl in den allermeisten Fällen auf die konkreten Konditionen wird abstellen müssen, liegt der Schwerpunkt bei den Energiegemeinschaften vorgelagert bereits bei der Frage, ob die Gesellschaft das in Frage stehende Geschäft überhaupt mit einem Dritten abgeschlossen hätte.
Das man wird man regelmäßig verneinen müssen. So wird eine mit der Energiegemeinschaft konzernmäßig verbundene Gesellschaft ihre Anlagen keinem Dritten zur Verfügung stellen und auch nicht jede Energiegemeinschaft schon dem Grunde nach Strom an Dritte weiterverkaufen. Selbst wenn sie an Dritte verkaufen würde, stellt sich in weiterer Folge die Frage, auf welchen Vergleichspreis abzustellen wäre. Ein „Marktpreis“ kann dafür schwerlich herangezogen werden, liegt es doch (auch) im Wesen der Energiegemeinschaft entsprechende Kostenvorteile zu generieren. Konsequenz dieser Beurteilung wäre freilich, dass all diese Geschäfte einen Verbotsverstoß indizieren und rechtfertigungsbedürftig sind. Die Rechtsprechung lässt das Berufen auf eine betriebliche Rechtfertigung für ein nicht drittvergleichsfähiges Rechtsgeschäft zwar zu, legt dabei aber gleichsam einen sehr strengen Maßstab an. Scheitert die Rechtfertigung, wären die Rechtsfolgen erheblich – die betroffenen Rechtsgeschäfte sind nichtig und der Gesellschaft steht ein Rückgewährungsanspruch zu. Für die Energiegemeinschaften hätte das zur Folge, dass sie die ihr aufgebundene Verpflichtung zur Gewährung von bestimmten Vorteilen an ihre Mitglieder (Gesellschafter) kaum erfüllen kann.
Einen Ausweg könnte die Rechtsprechungslinie des OGH zum sogenannten Cash-Pooling bieten. Beim Cash-Pooling führen die konzernmäßig verbundenen Gesellschaften etwaige Liquiditätsüberschüsse (effektiv oder bloß fiktiv) als Darlehen an eine konzerneigene Finanzierungsgesellschaft ab, die sodann Liquidität an andere Pooling-Gesellschaften weiterleitet. Der Vorteil des Cash-Pooling liegt dabei insbesondere darin, dass die teilnehmenden Pooling-Gesellschaften Zinsvorteile generieren und gerade beim effektiven Cash-Pooling bei Liquiditätsschwierigkeiten kurzfristig versorgt werden können. Klarerweise stellt sich jedoch auch hier die Frage nach der Vereinbarkeit mit den Kapitalerhaltungsvorschriften, führt doch eine Gesellschaft Vermögen an Gesellschafter oder verbundene Gesellschaften ab.
Welche Lösungsmöglichkeiten die Rechtsprechung des OGH hierfür anbietet und wie ein „Energie-Pooling“ eine betriebliche Rechtfertigung darstellen kann erörtern Kaleb Kitzmüller und Adrian Kubat demnächst ausführlich in einem Artikel in der Fachzeitschrift ecolex des Manz Verlag.
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