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Vergaberecht: Katalysator für die Energiewende?

Johannes Hartlieb | 23.06.2021

Karsten Wurth on unsplash

Ob „Green Public Procurement“ oder „Buying Green“ (aber nicht Irish!) – auch das Vergaberecht steht im Fokus der Energiewende. Das verwundert nicht: Das Vergaberecht bindet die gesamte öffentliche Hand – insbesondere Bund, Länder und Gemeinden, aber auch sogenannte öffentliche Unternehmen. Schätzungen zufolge macht die öffentliche Beschaffung ein jährliches Volumen von 61 Milliarden Euro aus, was einem Fünftel des österreichischen BIP entspricht. Grund genug, sich den Beitrag des Vergaberechts zur Energiewende anzusehen. Anlass dazu bietet die Veröffentlichung des aktualisierten Österreichischen Aktionsplans für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe), der am heutigen Tag veröffentlicht wurde.

Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien im Vergaberecht

Klima- und Umweltschutz sind dem Vergaberecht nicht fremd: Basierend auf der Vergabe-Richtlinie, die entsprechende Kriterien vorsieht, sieht bereits § 20 Absatz 5 Bundesvergabegesetz 2018 die Beachtung der „Umweltgerechtheit“ als Grundsatz der öffentlichen Auftragsvergabe vor. Weiters sind Unternehmer, die gegen umweltrechtliche Vorgaben verstoßen haben, vom Vergabeverfahren auszuschließen. Zu denken ist hier beispielsweise an den Verstoß gegen Gewässer- oder Luftreinhaltevorgaben. Nicht zuletzt sehen die vergaberechtlichen Regelungen vor, dass die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Fahrzeugen auf deren Umweltauswirkungen (Energieverbrauch, Emissionen) zu achten hat.

Der Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung

Vor diesem Regelungshintergrund hat die österreichische Bundesregierung am heutigen Tag den aktualisierten Österreichischen Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung beschlossen. Damit wird der seit 2010 bestehende Aktionsplan abgelöst.

Der Aktionsplan konkretisiert die genannten Nachhaltigkeitskriterien des Bundesvergaberechts und ist von allen Bundeseinrichtungen verpflichtend einzuhalten. Der Plan besteht aus zwei Teilen: Zu Beginn finden sich einige allgemeine Ausführungen, während im zweiten Teil die konkreten Kriterien, anhand derer die Nachhaltigkeit eines Beschaffungsvorgangs zu prüfen ist, zu finden sind.

Dabei verfolgt der Aktionsplan im Wesentlichen drei Ziele:

  • Nachhaltige Beschaffung in allen Bundesinstitutionen
  • Harmonisierung der Nachhaltigkeitskriterien
  • Vorreiterrolle Österreichs bei der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung

Interessant ist, dass der Aktionsplan zwar nur für Bundesstellen verpflichtend ist, jedoch auch Länder, Städte und Gemeinden/Gemeindeverbände „eingeladen“ werden, die Nachhaltigkeitskriterien anzuwenden. Das Ziel ist somit eine österreichweite Harmonisierung der Nachhaltigkeitskriterien, was nicht nur für die Auftraggeber, sondern auch für die Bieter vorteilhaft wäre. Nicht zuletzt wird die Beachtung der Kriterien auch privaten Unternehmen „empfohlen“.

Bedeutung für den Ausbau erneuerbarer Energieträger

Die Nachhaltigkeitskriterien selbst richten sich nach der jeweiligen Produkt- oder Dienstleistungskategorie und sind im zweiten Teil des Aktionsplans angeführt. Dabei werden drei Produkt- und Leistungsgruppen unterschieden: Verbrauchsprodukte und Veranstaltungen, langlebigere Produkte bzw. Investitionsgüter sowie bauliche Anlagen.

Eine besondere Rolle kommt dabei erneuerbaren Energieträgern zu: Für die Beschaffung von Strom ist beispielsweise vorgesehen, dass bis 2030 alle öffentlichen Auftraggeber im Bundesbereich zu 100% grünen Strom beziehen müssen. Dabei ist ein stufenweiser Anstieg vorgesehen, wobei die Bundesministerien diesen Wert bereits ab 2022 zu erfüllen haben.

Dieser grüne Strom zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • Er stammt zur Gänze aus den erneuerbaren Energieträgern Biomasse (fest, flüssig und gasförmig), Geothermie, Sonne, Wasser und Wind.
  • Er muss zu einem gewissen Anteil aus Photovoltaik stammen.
  • Der getrennte Handel von Herkunftsnachweisen und Strom ist nicht zulässig.

Diese allgemeinen Vorgaben werden durch speziellere technische Kriterien konkretisiert. So muss der Strom beispielsweise zu mindestens 10% aus Kraftwerken, die nicht älter als 15 Jahre sind oder in den letzten 15 Jahren revitalisiert bzw. erweitert wurden, stammen. Die verpflichtenden Vertragsbedingungen sehen unter anderem vor, dass auch die Herkunftsnachweise für die eingekaufte Energie zu erwerben sind. Nicht zuletzt besteht auch eine Reihe von verpflichtenden Kriterien für nicht-grünen Strom (für den Übergangszeitraum bis 2030).

Neben diesen Kernregelungen findet sich der Verweis auf erneuerbare Energien auch an anderen Stellen des Aktionsplans. So ist für die Beschaffung von Fahrzeugen vorgesehen, dass Elektrofahrzeuge ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden.

Fazit und Ausblick

Dem öffentlichen Beschaffungswesen kommt entscheidende Bedeutung für den Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu. Einerseits ist das Volumen der öffentlichen Beschaffung enorm, andererseits entfaltet die öffentliche Auftragsvergabe traditionell eine große Vorbildwirkung für die Beschaffungsvorgänge privater Unternehmen und nicht zuletzt auch von Verbrauchern. Der Aktionsplan spricht dies auch explizit an, indem er private Unternehmen die Beachtung der Nachhaltigkeitskriterien empfiehlt. Vor diesem Hintergrund ist der nunmehr aktualisierte Aktionsplan besonders zu begrüßen.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.


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