PV-Austria ElWG-DEEP DIVE – PPAs und P2P
Wir analysieren gemeinsam mit dem Bundesverband Photovoltaic Austria die ElWG-Neuerungen zu Power Purchase Agreements und Peer-to-Peer-Verträgen.
Julius Spieldiener | 11.09.2023
Photovoltaikmodule sind in den letzten 20 bis 25 Jahren zum unverzichtbaren Bestandteil der Energiewende geworden. Die meisten PV-Module erreichen eine Lebensdauer von ca 25 Jahren – für viele ist somit ihre Zeit gekommen oder wird dies bald der Fall sein. Betroffenen ist oftmals nicht bewusst, dass mit dem Lebensende von PV-Modulen zahlreiche abfallrechtliche Haftungsfallen einhergehen können. Grundsätzlich gilt: Vorsicht ist besser (und in der Regel wohl auch günstiger) als Nachsicht. Die relevantesten Aspekte zu diesem Thema haben wir für Sie untenstehend zusammengefasst.
PV-Module können aus zwei Gründen die Abfalleigenschaft erfüllen (§ 2 Abs 1 Z 1 und Z 2 AWG 2002):
Hier kann schon die erste potenzielle Haftungsfalle ausgemacht werden: PV-Module werden oft schneller zum Abfall, als es den Betroffenen bewusst ist. Die Entledigungsabsicht eines Abfallbesitzers reicht bereits dafür aus, dass eine Sache Abfall wird und erst durch eine entsprechende Abfallbehandlung ein Abfallende erreicht werden kann. Ob eine Sache noch verwendet werden kann oder ungefährlich ist, wäre in solchen Fällen irrelevant (VwGH 25.09.2014, Ro 2014/07/0032). Erfährt die Behörde, zB durch eine anonyme Anzeige eines besorgten Nachbarn oder eines Mitbewerbers, „von herumliegenden alten PV-Modulen im Garten oder der Betriebsanlage“, kann dies zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens führen.
In Österreich wird in der Abfallverzeichnisverordnung 2020 jedem Abfall eine Abfallschlüsselnummer zugeordnet. Bei PV-Modulen wird zwischen zwei Abfallschlüsselnummern (ASN) unterschieden:
Auch aus der fehlenden oder falschen Kenntnis über die „Inhaltsstoffe“ eines PV-Moduls kann sich eine potenzielle Haftungsfalle ergeben. Müssen PV-Module als Abfall verwertet oder beseitigt werden, kann die Einstufung als gefährlicher Abfall mit erhöhten Verwertungs- oder Beseitigungskosten einhergehen.
PV-Module unterliegen als Abfall dem AWG 2002 sowie der darauf basierenden Elektroaltgeräteverordnung.
Liegt Abfall vor, stellt sich die Frage, welchen Personen daraus Verpflichtungen erwachsen und wie diese ausgestaltet sind.
Das AWG 2002 knüpft zunächst an den Abfallbesitzer an. Gemäß § 2 Abs 6 Z 1 lit a und lit b AWG 2002 ist Abfallbesitzer der Abfallerzeuger oder jede Person, welche die Abfälle innehat. Es reicht somit bereits die Innehabung der Abfälle aus (VwGH 22.03.2012, 2008/07/0204, mwN). Auf einen „Besitzwillen“ (des Inhabers) kommt es nicht an (VwGH 28.05.2019, Ro 2018/05/0019). Der Begriff „Abfallbesitzer“ ist weitauszulegen.
Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben (§ 15 Abs 5 erster Satz AWG 2002). Weiters ist der Abfallbesitzer verantwortlich, dass die Abfälle an einen Berechtigten übergeben werden und die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird (§ 15 Abs 5a lit a und b AWG 2002).
Aus der unspezifischen Begrifflichkeit der „Innehabung des Abfalles“ kann sich eine weitere Haftungsfalle ergeben. Fraglich könnte zB sein, wer in verschiedenen Betreiberkonstellationen (Pacht, Leasing, etc) für die Verwertung oder Beseitigung von PV-Modulen verantwortlich ist, wenn diese zB durch Unwetter oder Vandalismus zerstört werden.
Oftmals wird auch die Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO) übersehen, die spezielle Reglung zur Sammlung, Behandlung und Rücknahme von PV-Modulen beinhaltet. Besonderen Verpflichtungen unterliegt hier der Hersteller. Entgegen des Wortlautes gilt als Hersteller jedoch nicht nur der Hersteller der PV-Module selbst, sondern insbesondere auch sinngemäß (§12a Abs 1 Z 1 bis 5 AWG 2002):
Der bloße Weiterverkäufer, der in Österreich niedergelassen ist und PV-Module anderer Anbieter unter ihrem Markennamen weiterverkauft, ist grundsätzlich kein Hersteller.
Für die oben genannten Hersteller gibt es – je nach Zeitpunkt des Inverkehrsetzens der PV-Module – unterschiedliche Verpflichtungen zur unentgeltlichen Rücknahme (§ 10 Abs 1 und 2 EAG-VO):
Eine abweichende Kostentragung ist bei PV-Modulen für gewerbliche Zwecke möglich, bei PV-Modulen für private Haushalte gelten die oben genannten Reglungen (§ 10 Abs 3 EAG-VO).
Die Kenntnis über die Verpflichtungen von Herstellern zur unentgeltlichen Rücknahme kann zu vermeidbaren Verwertungs- und Entsorgungskosten führen und kann sich eine dahingehende Vorab- Berücksichtigung in PV-spezifischen Verträgen (Pacht, Leasing, etc) gegebenenfalls auch positiv auf spätere Haftungsdiskussionen auswirken oder diese gänzlich vermeiden.
Neben der generellen Kenntnis der abfallrechtlichen Rahmenbedingungen zeigt sich, dass insbesondere bei PV-spezifischen Verträgen durch eine rechtlich solide Ausgestaltung abfallrechtliche Haftungsfallen vermieden werden können. Unklare oder im Widerspruch mit den abfallrechtlichen Vorgaben stehende Reglungen können gegebenenfalls zu (teuren) Rechtsstreitigkeiten führen. Bei Beratungsbedarf steht Ihnen unsere Praxisgruppe 360° Erneuerbare Energie gerne zur Verfügung.
Mit uns kommen Sie mit Hochspannung durch die Energiewende! Der 360°EE-Newsletter sorgt regelmäßig für frischen Wind in Ihrem E-Mail-Postfach. Einfach anmelden und mit einem Klick zur Erleuchtung! Natürlich auch jederzeit wieder abbestellbar.
Wir analysieren gemeinsam mit dem Bundesverband Photovoltaic Austria die ElWG-Neuerungen zu Power Purchase Agreements und Peer-to-Peer-Verträgen.
Das Erneuerbares-Gas-Gesetz ist im Parlament und soll demnächst beschlossen werden. Ein Überblick über den Gesetzesentwurf.
Entwirrung der Energiewende – mit Haslinger / Nagele sicher durch den Umbruch. Unsere Leistungen im Überblick.