360° EE on Stage: CBAM-Webinar
Was bringt der Co2-Zoll für Unternehmen?
Johannes Hartlieb | 03.04.2021
Seit zweieinhalb Jahren wird mittlerweile am Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) gearbeitet. Bereits im Herbst 2020 wurde ein Entwurf präsentiert. Nach zahlreichen Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren wurde im März 2021 der neue Entwurf im Ministerrat beschlossen und der Öffentlichkeit präsentiert. Hintergrund ist das von der Bundesregierung gesteckte Ziel, Österreich bis 2030 ausschließlich mit Ökostrom zu versorgen. Für die dafür notwendige Schaffung von 27 Terrawattstunden („TWh“; konkret + 11 TWh Photovoltaik, + 10 TWh Windkraft, + 5 TWh Wasserkraft, + 1 TWh Biomasse) lässt die Regierung auch einiges an Steuergeld fließen: Zehn Milliarden Euro sollen in Form von Förderungen in den nächsten zehn Jahren dafür aufgewendet werden.
Die Förderinstrumente werden einer grundlegenden Reform unterzogen: Marktprämien anstelle von fixen Einspeisetarifen sollen künftig für eine erhöhte Fördereffizienz sorgen. Dafür wird der Strom an der Börse verkauft, wofür die Anlagen Prämien erhalten. Hier wird ein neuer Weg eingeschlagen: Marktprämien sollen – zumindest bei größeren Anlagen – nach erfolgter Ausschreibung gewährt werden. Es hält somit ein marktwirtschaftliches Element Einzug in die Förderung erneuerbarer Energien. Für die Abwicklung der Ausschreibung wird die neu geschaffene EAG-Abwicklungsstelle zuständig sein. Für die Praxis bedeutsam wird auch die Direktvermarktung sein, da es nach Inkrafttreten des EAG keine Abnahmeverpflichtung einer zentralen Stelle mehr geben wird.
Für kleinere Anlagen soll es hingegen weiterhin direkte Investitionszuschüsse geben, bei der ein bestimmter Anteil der notwendigen Investitionen gefördert wird.
Ein wichtiger und medienträchtiger Teil des EAG-Entwurfs ist die Förderung von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen). Jeder Haushalt soll künftig so viel Strom produzieren dürfen, wie er verbraucht. Die Anschlussbedingungen für kleine Anlagen sehen vor, dass der gesamte Strombedarf des Haushalts durch Photovoltaik gedeckt werden kann, ohne dass Mehrkosten entstehen. Speziell versiegelte Flächen, wie beispielsweise Deponien, Parkplätze oder Betriebsanlagen sollen verstärkt mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Aber auch auf bereits bestehenden Dächern, die sich derzeit (noch) nicht für PV-Anlagen eignen, sollen vermehrt PV-Anlagen entstehen. Umgekehrt sieht das EAG einen Abschlag von 25% für jene Anlagen vor, die auf Frei- und Grünflächen errichtet werden. Darüber hinaus entfällt für Photovoltaikanlagen auf Freiflächen die Voraussetzung einer speziellen Flächenwidmung, sofern die Engpassleitung auf der betroffenen Fläche 100 kWp nicht überschreitet.
Auch bei der Förderabwicklung kommt es zu Neuerungen. Statt die Förderung für PV-Anlagen über derzeit zwei verschiedene Stellen (Klima- und Energiefonds und Ökostromabwicklungsstelle) abzuwickeln, soll künftig eine einzige Stelle zuständig sein: die neue EAG-Abwicklungsstelle. Diese soll an mehreren Terminen pro Jahr Fördermittel bereitstellen und so dafür sorgen, dass kontinuierlich gefördert wird. Zwecks Transparenz soll der aktuelle Fortschritt des PV-Ausbaus zudem auf der Website des Ministeriums regelmäßig veröffentlicht werden.
Kontrovers diskutiert wurde im Vorfeld die Förderung neuer und insbesondere bestehender Biomasseanlagen. Der Begutachtungsentwurf sieht nun einen Kompromiss vor: Einerseits werden auch bereits bestehende Anlagen gefördert, andererseits ist die Förderung von Biomassenlagen insgesamt durch das Förderziel von einer zusätzlichen TWh bis 2030 gedeckelt. Außerdem bestehen Mindestanforderungen an die Effizienz von Biomasseanlagen. Die Förderdauer ist auf eine Gesamtbetriebsdauer von 30 Jahren begrenzt. Bei großen Biomasseanlagen wird die Marktprämie durch eine Ausschreibung ermittelt, bei kleineren Anlagen wird diese Prämie behördlich festgelegt.
Bei Biogasanlagen soll die Nachfolgeförderung als Marktprämie bis ins 30. Bestandsjahr reichen. Der Entwurf sieht auch Investitionsförderungen in Höhe von EUR 500 Mio. für die nächsten zehn Jahre für die Umrüstung von Verstromung auf Gaseinspeisung und für Neuanlagen vor.
Neben neu errichteten und erweiterten Wasserkraftanlagen sollen auch revitalisierte Wasserkraftanlagen unter bestimmten Voraussetzungen förderfähig sein. Die Revitalisierung von Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung über 20 MW soll bereits dann förderfähig sein, wenn die gesetzten Maßnahmen zu einer Erhöhung der Engpassleistung oder des Regelarbeitsvermögens führen. Bei Anlagen mit einer Engpassleistung bis zu 20 MW muss diese Erhöhung mindestens 10 % betragen. Pumpspeicheranlagen werden gänzlich von Netztarifen ausgenommen, zuvor wurden sie nur zu 50 % befreit. Diese Begünstigung kommt sowohl bestehenden als auch neuen Anlagen zugute.
Die Förderung von Wasserstoff wurde durch den überarbeiteten Entwurf wesentlich erweitert: Vorgesehen ist nun die Förderung von Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas durch Investitionszuschüsse. Erfasst werden Anlagen mit einer Mindestleistung von 1 MW, eine Höchstschwelle ist nicht vorgesehen. Das Fördervolumen beträgt mindestens EUR 50 Mio. pro Jahr.
Die Förderung von Wasserstoff und Gas aus erneuerbaren Quellen dient insbesondere dazu, den Anteil von national produziertem erneuerbarem Gas am österreichischen Gasabsatz bis 2030 auf 5 TWh zu erhöhen und die Anwendung von erneuerbarem Wasserstoff als Schlüsselelement zur Sektorkopplung und Sektorintegration zu forcieren. Im aktuellen Entwurf werden Investitionszuschüsse von bis zu 45 % zur Errichtung von Elektrolyseanlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder in synthetisches Gas vorgesehen. Sie sollen neue Anreize für den Ausbau der grünen Wasserstofferzeugung für die Industrie bieten und den Einsatz fossiler Rohstoffe reduzieren.
Im Fokus des Gesetzes steht auch die aktive Partizipation der Bevölkerung am Ausbau erneuerbarer Energien: Jede/r Einzelne soll zur Energiewende beitragen (können). Im Zusammenschluss mehrerer Haushalte zu einer EEG soll die Produktion und Verwendung erneuerbarer Energie gefördert werden, beispielsweise durch die Errichtung einer PV-Anlage auf einem geeigneten Dach in der Nachbarschaft. Für den regionalen gemeinschaftlichen Austausch sollen ein reduziertes Netznutzungsentgelt („Ortstarif“) sowie eine Befreiung vom Erneuerbaren-Förderbeitrag und von der Elektrizitätsabgabe gewährt werden.
Im Entwurf vom 11. März 2021 wurde der Kreis der potentiellen Teilnehmer an einer EEG erweitert. Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen im Sinne des ElWOG 2010 und GWG 2011 sind weiterhin von einer Teilnahme ausgeschlossen. Dagegen dürfen jetzt auch Erzeugergesellschaften, die elektrische Energie in ein Netz im Lokal- oder Regionalbereich abgeben, an einer EEG teilnehmen. Nach den Erläuterungen des Entwurfs sollen damit auch Windpark-, Wasserkraft- oder größere Photovoltaikprojekte an EEG beteiligt werden. Ebenso wurden „sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts“ in den Teilnehmerkreis aufgenommen.
Klargestellt wurde auch, dass Contracting- und Leasingmodelle zulässig sind. Die Betriebsführung und Wartung kann an Dritte ausgelagert werden. Grundsätzlich können Erzeugungsanlage bzw. Verbrauchsanlage jeweils nur einer Bürgerenergiegemeinschaft oder EEG (bzw. gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage) angehören. Ab 2022 soll aber eine Doppel- oder auch Mehrfachmitgliedschaft möglich sein.
Für die überregionale gemeinschaftliche Nutzung erneuerbarer Energien soll das Modell der Bürgerenergiegemeinschaft eingeführt werden. So sollen Menschen von Bregenz bis Wien gemeinsam Photovoltaikanlagen kaufen und den Strom nutzen können.
Der Ministerialentwurf soll demnächst in den Nationalrat kommen. Es ist von weiteren Änderungen im parlamentarischen Verfahren auszugehen, zumal eine 2/3-Mehrheit für einen erfolgreichen Beschluss notwendig ist und die Opposition bereits die bisherige mangelnde Einbindung in den Entstehungsprozess des EAG scharf kritisiert hat. Das neue Gesetz soll bis Sommer 2021 in Kraft treten.
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