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ElWG-Check: Upgrade für Energiegemeinschaften

Kaleb Kitzmüller, Johannes Hartlieb | 12.01.2024

Foto von Elena Koycheva auf Unsplash

Ein Nachteil der Vorreiterrolle von Österreich bei der Umsetzung von Energiegemeinschaften war, dass kaum auf praktische Erfahrungen aus anderen Mitgliedsstaaten aufgebaut werden konnte. Umso positiver ist hervorzuheben, dass der durch EAG-Gesetzespakets 2021 eingeführte Rechtsrahmen für die praktische Umsetzung von Energiegemeinschaften durchaus tauglich war. Dies zeigt sich auch daran, dass die Änderungen an den die Energiegemeinschaften betreffenden Paragraphen im neuen ElWG-Entwurf nur verhältnismäßig eingeschränkt erfolgen müssen. Dass es sich bei den geplanten Anpassungen dennoch um teils äußerst wichtige „Upgrades“ des Energiegemeinschaften-Regelungswerks handelt, wird nachfolgend dargestellt:

Änderungen der Allgemeinen Bestimmungen

Die Kern-Bestimmungen zu Energiegemeinschaften (EG) finden sich in den §§ 53 bis 56 ElWG-Entwurf. Regelungsanpassungen die sowohl die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG), als auch die Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) betreffen finden sich in § 55 ElWG-Entwurf, der zwar im Wesentlichen § 16d ElWOG 2010 entspricht, jedoch zwei wichtige Neuerungen einführt:

Vollmacht ist glaubhaft zu machen

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Abwicklung des Ein- und Austritts in eine EG sowie die weitere Verwaltung der Mitgliedschaft durchaus herausfordernd sein kann. Um den einzelnen Mitglieder/Gesellschafter die damit einhergehenden Abstimmungserfordernisse mit dem Netzbetreiber zu ersparen, haben meist die Initiatoren, oder sonstige „Kümmerer“ bzw Dienstleister die Kommunikation zu den Netzbetreibern übernommen. Dabei wurde teilweise durch Energiegemeinschaften bzw. durch diese beauftragte Dienstleister gegenüber Netzbetreibern Erklärungen im Namen von (neuen) Mitgliedern abgegeben, ohne sich auf eine erteilte Vollmacht zu berufen. Das dürfte in der organisatorischen Abwicklung mit den Netzbetreibern immer wieder zu Friktionen geführt haben.

Durch den neu geschaffenen § 55 Abs 3 ElWG-Entwurf soll nun offenbar Rechtssicherheit für solche Sachverhalte geschaffen werden. Demnach ist künftig eine Bevollmächtigung der Energiegemeinschaft durch ein Mitglied/einen Gesellschafter „dem Netzbetreiber glaubhaft zu machen„. Diese (auch nach den Materialien) als Klarstellung zu verstehende Bestimmung ist offenbar an die in § 76 Abs 3 ElWOG 2010 enthaltenen Bestimmungen zum Onlinewechsel angelehnten.

Nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Bevollmächtigungsvertrag (§§ 1002- 1033 ABGB) besteht sowohl für Auftrag, als auch für Vollmacht grundsätzlich Formfreiheit. Dritte lassen sich dennoch häufig nur bei Vorlage einer entsprechenden Urkunde in Verhandlungen mit einem Machthaber ein, wodurch Vollmachten oftmals schriftlich ausgefertigt werden. Dabei ist jedoch anzumerken, dass Dritte nach der ständigen Rechtsprechung des OGH (RS0019498) regelmäßig auf die Vertretungsmacht des als Vertreter Handelnden vertrauen dürfen. Nicht immer und überall muss der Dritte demnach, um seine Ansprüche zu sichern, die Angaben des angeblichen Vertreters auf ihre Wahrheit prüfen. Eine Erkundigungspflicht ist erst dann anzunehmen, wenn sich im Einzelfall Zweifel ergeben. In Hinblick auf § 55 Absatz 3 ElWG-Entwurf kann daher argumentiert werden, dass für die „Glaubhaftmachung“ das bloße Berufen auf die erteilte Vollmacht ausreichend ist und kein (schriftlicher) Nachweis über die Bevollmächtigung an den Netzbetreiber übermittelt werden muss.

Interessant ist zudem, dass nur bei einer Bevollmächtigung der Energiegemeinschaft selbst diese die Pflicht zur Glaubhaftmachung trifft. Damit wäre aber eine Glaubhaftmachung durch einen Dienstleister nicht erforderlich, wenn dieser direkt durch das Mitglied/den Gesellschafter beauftragt wird.

Sofern die Bestimmung zur Beschleunigung der Kommunikation mit den Netzbetreibern führt, ist diese durchaus zu begrüßen. Im Einzelnen könnte aber noch nachgeschärft werden.

Betriebs- und Verfügungsgewalt bei Überschusseinspeisern

Eine wichtige Festlegung bringt § 55 Abs 6 ElWG-Entwurf. Durch das Erfordernis der Übertragung der Betriebs- und Verfügungsgewalt auf die Energiegemeinschaften war die Teilnahmemöglichkeit von „Überschusseinspeisern bisher strittig. Je nach Auslegung des Begriffs der Betriebs- und Verfügungsgewalt wird teilweise davon ausgegangen, dass mangels der Zulässigkeit der Mehrfachinhaberschaft eines Zählpunkts Überschusseinspeiser überhaupt nicht an Energiegemeinschaften teilnehmen können. Zur Klärung dieser Streitfrage soll nun „klarstellend“ festgehalten werden, dass bei Anlagen, die von Eigenversorgern betrieben werden, die Betriebs- und Verfügungsgewalt nicht auf die Gemeinschaft übertragen werden muss. Dies soll auch für den Fall gelten, dass ein Eigenversorger mit seiner Stromerzeugungsanlage an mehreren Gemeinschaften teilnimmt.

Bei Volleinspeisern ist die Betriebs- und Verfügungsgewalt weiterhin an jene Energiegemeinschaft zu übertragen, die die Anlage tatsächlich betreibt und darüber verfügt.

In Hinblick auf die Mehrfachteilnahme (ab 01.01.2024 zulässig, voraussichtlich ab April 2024 auch möglich) wird normiert, dass die Betriebs- und Verfügungsgewalt an einer Stromerzeugungsanlage jedenfalls nur bei einer Energiegemeinschaft liegen darf.

Änderungen zur EEG

In § 54 Abs 2 ElWG-Entwurf wird festgehalten wird, dass das Nahebereich-Kriterium im Regionalbereich künftig auch dort erfüllt sein soll, wo Mittelspannungs-Sammelschienen ohne Umspannung verschaltbar sind.

Wesentlicher ist jedoch die Einfügung von § 54 Abs 3 ElWG-Entwurf, wonach sog „Trägerorganisationen“ künftig mehrere lokale od regionale EEGs in einer Rechtsperson vereinen können, „sofern sich diese im Konzessionsgebiet eines Netzbetreibers innerhalb eines politischen Bezirks befinden„. Damit ist es künftig möglich, in einer Rechtsperson mehrere EEGs zu vereinen. Fraglich ist, welche Folgen dies für die Abwicklung dieser einzelnen EEGs hat. In Hinblick auf die Stimmausübung, Kostentragung, Haftung und Gewinnverteilung kann dies zu Herausforderungen führen. Denkbar ist, dass ähnlich wie im Wohnungseigentumsrecht von den Anteilen abweichende Aufteilungsschlüssel / und Abstimmungs- bzw. Abrechnungseinheiten festgelegt werden. Je nach Rechtsform die für die EEG genutzt wird, werden aber möglicherweise unterschiedliche Lösungen erforderlich sein. Insgesamt ist diese Änderung aber durchaus zu begrüßen.

Änderung zur BEG

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens zum EAG-Paket wurde aufgeworfen, dass Energiegemeinschaften der Gewerbeordnung unterliegen könnten. Um diesbezügliche Unsicherheiten auszuräumen wurde in § 79 Abs 4 EAG (für die EEG) und § 16b Abs 6 ElWOG 2010 (für die BEG) festgehalten, dass die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 jeweils nicht auf EEG/BEG anzuwenden sind. Die in § 16b Abs 6 ElWOG 2010 für BEG enthaltene Bestimmung findet sich aber nun nicht mehr im § 53 ElWG-Entwurf. Mangels diesbezüglichen Ausführungen in den Erläuterungen kann wohl davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Redaktionsversehen handelt, würde doch eine Streichung dieser Klarstellung die bereits bekannte Debatte wieder aufflammen lassen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen.

Exkurs: Änderungen zu GEA

Die Regelungen zur gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage sind in § 52 ElWG-Entwurf abgebildet und entsprechen im Wesentlichen dem bisherigen § 16a ElWOG 2010. Die Änderungen stellen klar, dass Energiespeicheranlagen gemeinsam mit gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen betrieben werden können. Die Energiespeicheranlage ist in diesem Fall Teil der gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage.

Diskriminierungsverbot für Lieferanten

Eine spannende Neuerung bringt § 57 ElWG-Entwurf. Demnach wird festgehalten, dass Lieferanten Teilnehmer an GEAs, EEGs und BEGs nicht diskriminieren dürfen. So dürfen diese keine diskriminierenden Anforderungen, Verfahren oder Entgelte vorsehen. Insbesondere dürfen keine Mindeststromliefermenge festgelegt werden und nur solche Kosten an die Endkund:innen weiterverrechnet werden, die aufgrund des jeweiligen Tatbestands tatsächlich beim Lieferant angefallen sind.

Welche Auswirkungen dieses Diskriminierungsverbot allenfalls hat, werden wir an dieser Stelle noch im Detail erörtern.

Zusammenfassung

Die geplanten Änderungen des ElWG-Entwurfs sind großteils als sinnvoll zu werten. Schade ist jedoch, dass manche in der Praxis hervorgekommenen „Kinderkrankheiten“ keine Beachtung finden. So wäre etwa eine Definition des Begriffs „Betriebs- und Verfügungsgewalt“ sinnvoll gewesen. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen das parlamentarische Verfahren bringt.

Kaleb Kitzmüller

Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. (Amsterdam) ist Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Energievertragsrecht, Corporate/M&A, Immobilienrecht und Klimaschutzrecht.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.


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