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Reform des Emissionshandels

Johannes Hartlieb, Alexander Gimona | 12.03.2024

Foto von catazul auf Pixabay

Der Europäische Emissionshandel wurde umfassend reformiert. Welche Änderungen hält die Novelle bereit?

EU-ETS Neu – Welche Änderungen hält die Reform bereit?

Um die ambitionierten Klimaschutzziele der EU zu erreichen, wurde der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) weitreichend reformiert. Er stellt einen wichtigen Bestandteil der ehrgeizigen Klimapolitik der EU dar und ist das zentrale Instrument, um bis 2030 eine Nettoemissionsreduktion von mindestens 55 % zu erreichen. Die Reform ist Teil des „Fit for 55“-Pakets und bringt die größte Erweiterung des Systems seit seinem Bestehen. Weitere, bisher nicht erfasste, stationäre Anlagen wurden in das Handelssystem aufgenommen, der Luftfahrtsektor erfährt gravierende Änderungen, der Seeverkehr wird erstmals mit einbezogen und auch auf formaler Ebene kommt es zu Änderungen.

Die Gesamtmenge an Emissionsberechtigungen im EU-ETS wird 2024 um 90 Millionen Tonnen reduziert, im Jahr 2026 folgt eine weitere Reduktion um 27 Millionen Tonnen. Zusätzlich wird ein linearer Reduktionsfaktor eingeführt, der jährlich 4,3 % von 2024 bis 2027 und 4,4 % von 2028 bis 2030 betragen wird. Außerdem wird die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten schrittweise verringert, bis sie im Jahr 2034 vollständig abgeschafft wird. Nicht zuletzt wird das Emissionshandelssystem mit dem CBAM-System synchronisiert, insbesondere im Hinblick auf die kostenlose Zuteilung: Unternehmen, die CBAM Güter produzieren (Aluminium, Stahl, Eisen etc.) erhalten eine geringere kostenlose Zuteilung. Wir haben zu den wesentlichen Rechtsgrundlagen bereits ausführlich berichtet.

Nachstehend geben wir einen Überblick über die Änderungen im EU-ETS und deren nationale Umsetzung.

Zusätzliche stationäre Anlagen werden in das EU-ETS einbezogen

Ab 2024 wird der Anwendungsbereich für stationäre Anlagen erweitert, wobei einerseits weitere stationäre Anlagen in den EU-ETS aufgenommen wurden und es andererseits zu Anpassungen bei einigen bereits enthaltenen Tätigkeiten kam. Dazu zählen unter anderem die Ölraffination, die Eisen- und Stahlproduktion, die Herstellung von Primäraluminium, das Trocknen und Brennen von Gips, die Herstellung von Gipskartonplatten, die Herstellung von Industrieruß und die Herstellung von Wasserstoff und Synthesegas. Für diese neu aufgenommenen Anlagen gelten die Vorgaben des nationalen Emissionszertifikategesetzes (EZG) seit dem 1.1.2024. In Österreich sind davon primär die Gips- und Wasserstoffproduktion betroffen.

Formale Änderungen

Formal kommt es durch die Reform zu Änderungen bei den wiederkehrenden Fristen. Die Frist zur Abgabe des Emissions- und Aktivitätsratenberichts bleibt unverändert bis zum 31. März. Anstelle der bisherigen Frist zur Buchung der Zuteilung der Zertifikate bis zum 28. Februar ist diese ab 2024 jährlich bis zum 30. Juni vorzunehmen. Auch die Frist zur Abgabe der Zertifikate für das Vorjahr wurde geändert und läuft nun bis zum 30. September und nicht mehr wie bisher bis zum 30.April.

Müllverbrennung

Müllverbrennungsanlagen könnten ab 2028 ebenfalls in das europäische Emissionshandelssystem einbezogen werden. Die Aufnahme von Anlagen für die thermische Verwertung von Siedlungsabfällen in das EU-ETS ist aktuell noch in der Begutachtungsphase. Allerdings sind die EU-Mitgliedstaaten bereits seit 2024 verpflichtet, Berichte über diesbezügliche Emissionen der Europäischen Kommission vorzulegen. Bis Mitte 2026 wird eine mögliche Einbeziehung in das EU-ETS ab 2028 geprüft. Zusätzlich prüft die Kommission auch die Möglichkeit, weitere Abfallbewirtschaftungsverfahren, insbesondere Mülldeponien, die Methan- und Stickstoffoxidemissionen in der Union verursachen.

Reform der Regeln für die Luftfahrt

Die Luftfahrt stellt einen besonders bedeutenden Teil des EU-ETS dar, welcher einige Änderungen erfahren hat. Die häufig kritisierte kostenlose Vergabe von Emissionsberechtigungen wird sukzessive, aber dennoch sehr rasch abgestellt. Dieses Jahr werden bereits 25 % weniger Zertifikate kostenlos vergeben. Nächstes Jahr ist eine weitere Reduktion um 50 % angesetzt. Ab 2026 soll es überhaupt keine Gratiszuteilung von Zertifikaten für die Luftfahrt mehr geben. Zusätzlich werden ab dem Jahr 2025 die sogenannten „Nicht-CO2-Effekte“ des Luftverkehrs, vorerst über ein ⁠Monitoring⁠, später voraussichtlich auch mit einer Abgabepflicht verbunden, in den ETS einbezogen. Zu diesen zählen vor allem Methan, Stickoxide (NOx), Wasserdampf- und Aerosolemissionen. Aktuellen Studien zufolge könnten die „Nicht-CO2-Effekte“ einen größeren Einfluss auf das Klima haben als die CO2-Emissionen und sogar bis zu zwei Drittel der Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima ausmachen.

Einbeziehung des Seeverkehrs

Erstmals wird auch der Seeverkehr in das EU-ETS miteinbezogen. Die Emissionen aus Fahrten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (d.h. EU inklusive Norwegen, Island und Liechtenstein) und auch Emissionen an Liegeplätzen werden vollständig erfasst. Für Schiffsfahrten zwischen dem EWR und dem Ausland werden 50 % der Emissionen berücksichtigt. Die Einbeziehung des Seeverkehrs wird schrittweise ab 2024 umgesetzt. Anfangs müssen die Schifffahrtsunternehmen lediglich für 40 % ihrer Emissionen Zertifikate vorlegen. Dieser Anteil steigt bis 2025 auf 70 % und ab 2026 auf 100 % an.

Nationale Umsetzung – EZG Novelle

Die ETS-RL musste bis 31.12.2023 in nationales Recht umgesetzt werden. Mitte Dezember 2023 hat der Nationalrat die EZG-Novelle beschlossen. Zu den wichtigsten Neuerungen zählen der in §2 (1) EZG 2011 (vgl. Art. 2 ETS-RL) neu geregelte „Geltungsbereich“, einige neue Begriffsbestimmungen, sowie die oben bereits erwähnten neuen Fristenläufe.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.

Alexander Gimona

Alexander Gimona, LL.B. (WU) ist juristischer Mitarbeiter bei Haslinger / Nagele Rechtsanwälte.


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