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20% Eigenkapital auch für PV-Anlagen-Finanzierung notwendig?

Lukas Grabmair, Kaleb Kitzmüller | 24.10.2022

Photo by Tierra Mallorca on Unsplash

Mit 1. August 2022 trat die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Maßnahmen zur Begrenzung systemischer Risiken aus der Immobilienfinanzierung bei Kreditinstituten (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung – KIM-V) in Kraft.

Im Sinne der KIM-V wird die private Kreditvergabe an die Voraussetzung gekoppelt, dass mindestens 20% der Kreditsumme vom Eigenkapital des Kreditnehmers gedeckt sind und die Schuldendienstquote maximal 40% beträgt. Als Kreditnehmer gelten natürliche Personen, die nach § 1 Abs 1 Z 1 und § 1 Abs 3 KSchG unter die Anwendung der Konsumentenschutzbestimmungen fallen.

Sollte nun ein Kredit zur Finanzierung einer Photovoltaikanlage aufgenommen werden, so könnte sich die Frage stellen, ob eine auf dem Dach installierte Photovoltaikanlage, die gezwungenermaßen mit dem Gebäude verbunden ist und damit als Teil der Immobilie angesehen werden könnte, ebenfalls eine Eigenkapitaldeckung nach Maßgabe der KIM-V zur Bedingung haben könnte.

Aufschluss hierüber geben die Begriffsbestimmungen der KIM-V:

Nach § 3 Z 1 lit a liegt eine „private Wohnimmobilienfinanzierung“ vor, wenn eine Fremdkapitalfinanzierung für den Bau oder den Erwerb von Wohnimmobilien bestimmt ist. Hierzu verweist § 3 Z 1 lit a KIM-V auf Art 4 Abs. 1 Z 75 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, wonach eine „Wohnimmobilie“ eine Wohnung oder ein Wohnhaus ist, das vom Eigentümer oder Mieter bewohnt wird oder an der ein genossenschaftliches Wohnrecht besteht. Daraus geht jedoch auch hervor, dass der Begriff der Wohnimmobilie an die Befriedigung eines Wohnbedürfnisses anknüpft.

PV-Anlage auf bestehendem Wohngebäude

Eine bloße Photovoltaikanlage wird kaum den iSv Art 4 Abs 1 Z 75 VO (EU) Nr. 575/2013 intendierten Wohnzweck1 erfüllen, weshalb grundsätzlich die Eigenkapitalanforderung für die Anschaffung einer PV-Anlage nicht einschlägig sein wird; zumal auch der österreichische Gesetzgeber die Einschränkung auf „Wohnimmobilien“ bewusst nicht in § 5 Abs 1 Z 1 HIKrG übernommen hat.2 Hierzu hält auch der 13. Erwägungsgrund der WIKr-RL fest, dass die Mitgliedsstaaten, die in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen auf Verbraucherkreditverträge anwenden können, die andere Immobilienformen betreffen. Der Bezug zu einer Wohnimmobilie ist aber nur iSd WIKr-RL erforderlich.3 Es steht damit im Ermessen des Gesetzgebers den Anwendungsbereich der Verbraucherkreditbestimmungen an den Erwerb oder Bau einer Wohnimmobilie anzuknüpfen, wovon dieser zwar im Rahmen der KIM‑Verordnung Gebrauch gemacht hat, nicht aber bei der Umsetzung der WIKr-RL durch das HIKrG.

Die kreditfinanzierte Anschaffung einer PV-Anlage auf einem bestehenden Wohngebäude löst insofern nach unserer Ansicht die verpflichtende Eigenkapitaldeckung von mindestens 20% der Finanzierungssumme nach Maßgabe der KIM-Verordnung nicht aus.

Erwerb oder Bau eines Wohngebäudes + PV-Anlage

Es würde sich jedoch anders verhalten, wenn nun der Erwerb oder Bau eines Hauses mitsamt einer dazu gehörenden PV-Anlage geplant wird. Diese wird in der Regel der Deckung des eigenen Strombedarfs dienen und kann damit (kraft ihrer Zubehöreigenschaft) als Teil der Gebäudeausstattung angesehen werden.4 Als solche wird die Kreditfinanzierung einer im Rahmen des Erwerbs oder Baus eines Eigenheims mitfinanzierten PV-Anlage gewöhnlich auch die damit verbundenen Eigenkapitalanforderungen iSd KIM-Verordnung erhöhen.

Die kreditfinanzierte Anschaffung einer PV-Anlage an sich wird aber nicht dazu geeignet sein, die verpflichtende Eigenkapitaldeckung von mindestens 20% der Finanzierungssumme nach Maßgabe der KIM-Verordnung auszulösen

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.


1 Tamerl in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar5 (2021) zu § 2 HIKrG, Rz 59; mit Verweis auf Art 4 Abs 75 CRR-VO.

2Tamerl, ABGB Praxiskommentar5, § 5 HIKrG, Rz 10; ErlRV 843 d.B. XXV. GP 4.

3 Hofer, Hypothekar- und Immobilienkreditverträge mit Verbrauchern (2020), 43.

4 vgl. BFG vom 07.09.2021, RV/6100463/2020.

Lukas Grabmair

Mag. Lukas Grabmair ist Rechtsanwaltsanwärter bei der Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH. Sein Tätigkeitsgebiet umfasst das Umweltrecht sowie das Vertrags- und allgemeine Zivilrecht.

Kaleb Kitzmüller

Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. (Amsterdam) ist Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Energievertragsrecht, Corporate/M&A, Immobilienrecht und Klimaschutzrecht.


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