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ElWG-Check: Neue Möglichkeiten für Direktleitungen

Mario Laimgruber | 12.01.2024

Direktleitung ElWG Rechtsanwalt Laimgruber Energiewende Anlagenrecht Kraftwerk
israel palacio on unsplash

Nicht zuletzt durch die zunehmende Dezentralisierung von Stromerzeugungsanlagen gewinnen Direktversorgungskonzepte an Attraktivität. Damit zusammenstehende bisherige Hürden sollen mit dem neuen ElWG reduziert werden.

Situation bisher

Bisher war die Realisierung von Direktleitungen (und die damit einhergehende Nutzung von Vorteilen, wie etwa, dass keine Komponenten des Systemnutzungsentgeltes, welche die Inanspruchnahme eines Verteilernetzes voraussetzen, verrechnet werden können) in zwei Konstellationen denkbar:

  • Inselbetrieb:

    Eine Leitung, die einen einzelnen Produktionsstandort mit einem einzelnen Kunden verbindet, ohne dass ein Anschluss des Erzeugers oder Kunden an das öffentliche Netz bestand (erfolgte auf der Seite des Erzeugers eine Überschussstromeinspeisung oder auf Seiten des Kunden ein Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz, lagen schon deshalb die Voraussetzungen für diesen Anwendungsfall nicht vor).

  • „Direktleitung“ mit Anschluss an das öffentliche Netz unter bestimmten Voraussetzungen:

    Eine Leitung, die einen Erzeuger und ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum Zwecke der direkten Versorgung mit ihrer eigenen Betriebsstätte, Tochterunternehmen und zugelassenen Kunden verband. Eine Direktleitung (im elektrizitätswirtschaftsrechtlichen Sinne) lag in diesem Fall nach der Rsp des VwGH (vgl insb VwGH 04.03.2008, 2007/05/0243) aber nur dann vor, wenn „die Leitung dem Zweck der direkten Versorgung dient; daraus ist abzuleiten, dass es zwischen der Direktleitung und dem öffentlichen Netz insoweit keine Verbindung geben darf, als es zu keinem unmittelbaren und direkten Stromaustausch zwischen der Leitung und dem öffentlichen Netz kommt“. In dieser Konstellation musste der Strom, der Gegenstand des Stromtransports ist und dem Kunden physikalisch geliefert wird, mit jenem Strom, der Gegenstand des Stromliefervertrages zwischen Erzeuger und dem Kunden ist, identisch sein. Die Voraussetzungen mussten über baulich-technische Maßnahmen und ergänzend ggf über vertragliche Regelungen (zB Power Purchase Agreements) sichergestellt werden.

Situation neu

Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches im Rahmen der unionsrechtlichen Vorgaben über das neue ElWG soll nunmehr dazu führen, dass das erhebliche Potenzial, das Direktleitungen für die Energiewende bringen können, ausgeschöpft werden können soll. Ausdrücklich festgelegt wird mit der im aktuellen Entwurf vorgesehenen Neuregelung, dass der Anschluss an das öffentliche Netz für die Qualifikation als Direktleitung nicht schädlich ist, sofern notwendige Maßnahmen getroffen werden, um Ringflüsse zu verhindern. Dabei ist jedenfalls sicherzustellen, dass für den aus dem Netz entnommenen und in das Netz eingespeisten Strom die mit dem Transport über das öffentliche Netz verbundene Systemnutzungsentgelte sowie mit der Netznutzung verbundene Abgaben ordnungsgemäß entrichtet werden. Außerdem soll abweichend von der bisherigen Rechtslage nunmehr festgeschrieben werden, dass eine Zuordnung des Zählpunkts für die Einspeisung an einen Dritten erfolgen kann und soll damit die Möglichkeit einer Überschusseinspeisung durch Dritte elektrizitätsrechtlich abgesichert werden.

Der die Neuregelung von Direktversorgungskonzepten zum Gegenstand habende § 50 ElWG lautet im aktuellen Entwurf in seiner Gänze:

Direktleitungen

§ 50. (1) Erzeuger sind berechtigt, Direktleitungen zu errichten und zu betreiben.

(2) Die Direktleitung darf auch zum Transport von elektrischer Energie verwendet werden, die

1. für den Eigenbedarf der Stromerzeugungsanlage aus dem öffentlichen Netz bezogen wird und

2. durch die Direktleitung und die Anlagen der angeschlossenen Betriebsstätte, des Tochterunternehmens oder der Kundinnen und Kunden in das öffentliche Netz eingespeist wird

sofern durch den Betreiber der Direktleitung die notwendigen technischen bzw. betrieblichen Vorkehrungen getroffen werden, die Ringflüsse verhindern.

(3) Im Anwendungsbereich von Abs. 2 ist auf Ansuchen des Netzbenutzers ein Zählpunkt je Energierichtung zu vergeben. Der Zählpunkt für die Einspeisung kann einem Dritten, der die Stromerzeugungsanlage betreibt, zugeordnet werden. Die Besonderheiten, die sich aus dem Betrieb mit zwei Zählpunkten, die einer Messeinrichtung zugeordnet sind, ergeben, sind mit dem Netzbetreiber vertraglich zu regeln. Für den Fall, dass ein Netzbetreiber gegenüber dem Erzeuger oder der mittels Direktleitung belieferten Kundin bzw. dem mittels Direktleitung belieferten Kunden ein Mahnverfahren gemäß § 30 Abs. 1 durchführt, ist der jeweils andere Vertragspartner vom Netzbetreiber hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Gleiches gilt für Vertragsverletzungen und andere Gründe, die den Netzbetreiber zur Aussetzung der Vertragsabwicklung oder Abschaltung berechtigen sowie sofortige Abschaltungen und die Gründe dafür.

(4) Der Betreiber der Verbrauchsanlage gilt als Eigenversorger, bleibt hinsichtlich des Netzanschlusses und Netzzugangs Vertragspartner des Netzbetreibers und ist dem Netzbetreiber gegenüber für die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen am Netzanschlusspunkt auch hinsichtlich der Stromerzeugungsanlage verantwortlich. Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage und der Direktleitung gilt als Dritter, der weiterhin den Weisungen des Eigenversorgers unterliegt.

Und nun?

Betritt man rechtlich neues Terrain, kann nicht mit letzter Sicherheit vorhergesehen werden, ob Behörden und Gerichte die bei einer Projektumsetzung vom Projektwerber im „neuen Regime“ angewendete Sichtweise (gänzlich) teilen. Insbesondere wenn – wie im konkreten Fall – bei neuen Regelungen Begrifflichkeiten mit weitem Auslegungsspielraum verwendet werden (so wird zB recht unspezifisch von „notwendigen technischen bzw. betrieblichen Vorkehrungen“ gesprochen, „die Ringflüsse verhindern„), sollte die Planung und Begleitung eines Projektes zielführend mit anwaltlicher Unterstützung erfolgen. Wir sind gerne für Sie da und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Mario Laimgruber

Ing. Mario Laimgruber, LL.M. ist Rechtsanwalt mit dem Tätigkeitschwerpunkt Umwelt- und Anlagenrecht.


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