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ElWG-Check: Erleichterte Stromvermarktung

Johannes Hartlieb, Caroline Weiß | 15.04.2024

Solar Photovoltaik Abfallrecht Entsorgung Verträge Spieldiener Laimgruber Rechtsanwalt
Derek Sutton on unsplash

Die Energiewende lebt davon, dass möglichst viel Ökostrom in die Netze eingespeist wird. Doch nicht nur das Stromnetz wird zur Hürde, auch regulatorisch ist eine Strom-Einspeisung oft nicht so einfach. Vereinfacht gesagt: Der Erzeuger wird seinen grünen Strom nicht los, obwohl es Abnehmer gäbe. Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) soll wesentliche Erleichterungen bringen.

Problematik: Keine Stromeinspeisung über Dritt-Zählpunkt

Bei Erzeugungsanlagen als Überschusseinspeiseanlagen (nur der nicht benötigte Strom wird ins Netz geliefert) ist man regelmäßig mit der Thematik der Zuordnung des Einspeisezählpunktes und der damit einhergehenden Verwertung des Überschussstroms konfrontiert. Wem darf der Überschussstrom zugeordnet werden bzw. von wem darf der Überschussstrom verwertet werden? Für die aktuell noch bestehenden (umgehbaren) Hürden bei der Überschusseinspeisung soll es künftig Erleichterungen geben.

Rechtlicher Status Quo

Ein Anlagenbetreiber (Contractor) möchte aktuell eine Photovoltaikanlage am Betriebsgebäude eines Stromabnehmers (Contractingnehmers) finanzieren, errichten und betreiben, damit der Contractingnehmer den erzeugten Strom für seinen Gewerbebetrieb nutzen kann. Der Überschussstrom soll vom Contractor selbst verwertet werden und möchte dieser den Überschussstrom über den Zählpunkt des Contractingnehmers in das öffentliche Netz einspeisen.

Dies ist bislang nicht zulässig: Mit der Entscheidung der Regulierungskommission (REK) der E-Control vom 04.03.2020, R STR 05/19, wurde klargestellt, dass die Einspeisung über einen fremden Zählpunkt – sprich über den Zählpunkt eines Drittenunzulässig ist. Der Verteilernetzbetreiber darf die Einspeisung von Überschussstrom verweigern, wenn der Inhaber des Zählpunktes nicht auch der rechtliche Betreiber der Erzeugungsanlage ist. Der Erzeuger hat den Überschussstrom über seinen eigenen Zählpunkt in das öffentliche Netz einzuspeisen. Es besteht kein Recht auf „Netzzugang zugunsten Dritter“.

Die Zulässigkeit für die (Überschuss-)Einspeisung setzt zudem Personenidentität zwischen dem Betreiber der Erzeugungsanlage und dem Berechtigten des Netzzuganges voraus. Da der Dritte (Contractor) mangels eigenem Netzanschluss keinen Strom einspeisen kann und auch ein indirekter Anschluss über einen bestehenden Netzanschluss (des Contractingnehmers) das Anschlussmonopol des Verteilernetzbetreibers untergraben würde, lassen sich derzeit Lösungen bloß über die zivilrechtliche Vertragsgestaltung finden. Als Beispiel ist hier das Pacht-Contracting-Modell zu nennen: Bei diesem Modell verpachtet der Contractor die Erzeugungsanlage gegen Entgelt an den Contractingnehmer. Der Contractingnehmer betreibt die Erzeugungsanlage im eigenen Namen und in eigener Verantwortung, nutzt den erzeugten Strom für seinen Eigenbedarf und kann den Überschussstrom über seinen Zählpunkt ins öffentliche Netz einspeisen.

Status Quo post ElWG

Mit dem neuen ElWG soll – durch die Erweiterung des Anwendungsbereiches für Direktleitungen – die Überschusseinspeisung durch Dritte mit der Möglichkeit der Zuordnung des Einspeisezählpunktes an einen Dritten elektrizitätsrechtlich abgesichert werden. Dem Contractor wird damit die Option eröffnet, den Zählpunkt des Contractingnehmers für die Verwertung des Überschussstroms zu nutzen. Auf Ansuchen des Netzbenutzers (Stromabnehmers bzw. Contractingnehmers) soll nämlich ein Zählpunkt je Energieflussrichtung vergeben werden können. Sodann kann der Einspeisezählpunkt einem Dritten (Contractor) zugeordnet werden, der die Stromerzeugungsanlage betreibt.

Mit dem (Verteiler-)Netzbetreiber sollen die Besonderheiten vertraglich geregelt werden, die sich aus dem Betrieb mit zwei Zählpunkten – die einer Messeinrichtung zugeordnet sind – ergeben. Der Betreiber der Verbrauchsanlage (Stromabnehmer bzw. Contractingnehmer) gilt als Eigenversorger. Der Stromabnehmer (Contractingnehmer) ist dem (Verteiler-)Netzbetreiber gegenüber für die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen am Netzanschlusspunkt jedoch auch hinsichtlich der Stromerzeugungsanlage verantwortlich, die ein Dritter (Contractor) betreibt. Der Contractingnehmer haftet in diesem Zusammenhang somit auch gegenüber dem (Verteiler-)Netzbetreiber für den Anlagenbetreiber (Contractor) bezüglich der Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen. Der Contractingnehmer bleibt in dieser Konstellation Vertragspartner des (Verteiler‑)Netzbetreibers betreffend Netzanschluss und Netzzugang. Kommt der Contractingnehmer seiner Verantwortung nicht nach, so droht beispielsweise die Abschaltung der Erzeugungsanlage.

Für eine Vielzahl der bis dato abgeschlossenen Verträge wird wohl nach dem Inkrafttreten des ElWG ein Bedarf zur Änderung der zuvor gewählten zivilrechtlichen Konstruktionen (z.B. „Pacht-Contracting“) bestehen. Einige der (bereits oder nunmehr) abgeschlossenen zivilrechtlichen Verträge werden auch schon entsprechende Klauseln im Vertrag enthalten, die sodann eine Umstellung auf eine Überschusseinspeisung durch den Dritten vertraglich vorsehen. In diesem Zusammenhang sollten jedoch Regelungen betreffend das Weisungsrecht des Eigenversorgers und die Verantwortung bzw. Haftung gegenüber dem (Verteiler‑)Netzbetreiber für die Stromerzeugungsanlage im Innenverhältnis getroffen werden.

Fazit

Die vorgesehene Erleichterung bei der Überschusseinspeisung durch Dritte ist zu begrüßen. Die Möglichkeit, einen Zählpunkt je Energieflussrichtung zu vergeben und den Einspeisezählpunkt einem Dritten zuzuordnen, schafft mehr Flexibilität und erleichtert die Vermarktung des Überschussstroms.

Im Hinblick auf das zivilrechtliche Weisungsrecht des Eigenversorgers gegenüber dem Anlagenbetreiber und auf die Verantwortung und Haftung für die Stromerzeugungsanlage im Innenverhältnis sollten zwischen den Vertragspartnern klare Regelungen getroffen werden.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.

Caroline Weiß

Mag. Caroline Weiß ist Rechtsanwaltsanwärterin bei der Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH.


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