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Reform des EU-Strommarktdesigns: kleiner Schritt oder großer Sprung?

Johannes Hartlieb, Lucas Haring | 27.06.2023

Photo by Sergi Ferrete on Unsplash

Die europäische Kommission hat kürzlich einen Vorschlag zur Änderung mehrerer Verordnungen und Richtlinien zum EU-Strommarkt veröffentlicht. Betroffen davon sind etwa die Elektrizitätsbinnenmarktverordnung und die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie. Mit diesen sogenannten Strommarktdesign-Regularien werden grundsätzliche Regeln für den Wettbewerb, den Verbraucherschutz, den Zugang zu den Stromnetzen sowie die Integration erneuerbarer Energien etabliert. So soll ein effizienter und wettbewerbsorientierter Strommarkt geschaffen werden, der eine leistbare, sichere und nachhaltige Stromversorgung garantiert.

Stärkung der Position von Verbrauchern durch vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien

Infolge des Ukraine-Kriegs und den damit einhergehenden hohen Energiepreisen ist es zu Eingriffen der EU-Mitgliedstaaten in die Preisbildung gekommen. Es bestand daher Handlungsbedarf, damit Energie für die Verbraucher leistbar bleibt. Insbesondere soll vermehrt auf erneuerbare, nicht-fossile und erschwingliche Energieversorgung gesetzt werden, damit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert werden kann und ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Energie- und Klimaziele gesetzt wird.

Gleichzeitig sollen die Preise stabilisiert und die Position der Verbraucher durch eine breite Auswahl an Vertragsangeboten und klare Informationen samt langfristiger Preisbindung gestärkt werden. Ebenso soll die Möglichkeit der Vereinbarung einer dynamischen Preisbildung bestehen, falls Verbraucher den Strom dann nutzen wollen, wenn er günstiger ist. Verbraucher sollen die Möglichkeit erhalten, mehrere Stromlieferverträge abzuschließen, um etwa für besonders verbrauchsintensive Geräte wie Wärmepumpen oder auch Elektrofahrzeuge verschiedene Versorger zu wählen.

Durch das neue Strommarktdesign soll ein effizienter und wettbewerbsorientierter Strommarkt geschaffen werden, der eine leistbare, sichere und nachhaltige Stromversorgung garantiert.

Stabile und berechenbare Energiepreise

Ferner soll der Markt für langfristige Strombezugsverträge (Power Purchase Agreements, PPA) ausgebaut werden. Diese werden zwischen Stromerzeugern und -käufern abgeschlossen und gewähren einerseits für den Kunden langfristige Preisstabilität, andererseits für den Erzeuger die benötigte Sicherheit, um Investitionsentscheidungen zu treffen. Insbesondere sollen Unternehmen so ihre eigene Energieversorgung aus erneuerbaren und nicht-fossilen Energiequellen und damit stabilere Preise sicherstellen. Zum Schutz der Energielieferanten, die unter anderem dem Kreditrisiko von Käufern und Änderungen des Stromangebots auf Großhandelsebene ausgesetzt sind, haben die Mitgliedstaaten marktbasierte Absicherungsinstrumente zu entwickeln.

Verstärkte Marktkontrolle

Die Überarbeitung der REMIT-Verordnung (Reform über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts) soll zudem sicherstellen, dass der Markt verstärkt gegen Manipulation geschützt ist. Neben einer engeren Einbindung nationaler Aufsichtsbehörden ist vorgesehen, die Transparenz der Strombörsen zu erhöhen und die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zu stärken.

Fazit

Insgesamt weist der Vorschlag durch die Forcierung des Ausbaus erneuerbarer Energien, die Stärkung der Position von Verbrauchern und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie eine enge Verknüpfung mit den im europäischen Green Deal vorgelegten Zielen und Legislativvorschlägen auf. Darüber hinaus trägt er zur Erreichung der im REPowerEU-Plan festgelegten Dekarbonisierungsziele bei, wobei insbesondere ein enger Zusammenhang mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) sowie der Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden ausgemacht werden kann.

Die Überarbeitung des EU-Strommarktdesigns kann so einen wichtigen Beitrag für den Ausbau erneuerbarer Energien und damit einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen leisten. Es bleibt bloß noch offen, ob bzw. wann eine Beschlussfassung erfolgt.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.

Lucas Haring

Lucas Haring war juristischer Mitarbeiter bei Haslinger / Nagele.


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