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Salzburger Photovoltaik-Kennzeichnungsverordnung – „Mit dem Highscore zur Projektrealisierung“

Mario Laimgruber, Lukas Grabmair | 16.11.2023

Highscore Photovoltaik Anwalt Energiewende Anlagenrecht Laimgruber
dylan nolte on unsplash

Punktesystem zur Prüfung der Standorteignung

Mit 01.11.2023 trat in Salzburg die am 24.10.2023 kundgemachte Photovoltaik‑Kennzeichnungsverordnung (LGBl 73/2023; kurz: „PKV) in Kraft, die mit Hilfe eines „Punktesystems“ Klarheit schaffen soll, ob Bodenstandorte für frei stehende Photovoltaikanlagen auf unbelasteten Gebieten des Grünlandes als geeignet gesehen werden können.

§ 36 Abs 7 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 bestimmt, dass frei stehende Solaranlagen, deren Kollektorfläche 200 m² überschreitet, im Grünland nur zulässig sind, wenn für den Standort eine Kennzeichnung gemäß § 39b leg cit vorliegt. Die Kollektorflächen von mehreren Solaranlagen sind zusammenzurechnen, wenn diese zueinander in einem räumlichen Naheverhältnis stehen.

Gemäß § 39b Abs 3 leg cit kann auf unbelasteten Gebieten des Grünlandes (die nicht einer Grünland-Kategorie für etwa Kleingärten, Campingplätze, Sportanlagen etc angehören oder Flächen darstellen, für die eine baulandgleiche Verwendungen zulässig ist) eine Kennzeichnung erfolgen, wenn

  1. das der Kennzeichnung zu Grunde liegende Vorhaben dem Räumlichen Entwicklungskonzept bzw der grundsätzlichen Planungsabsicht der Gemeinde nicht entgegensteht,
  2. die Errichtung einer solchen Anlage zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der bestehenden Widmung sowie des Orts- und Landschaftsbildes führt und
  3. bei Photovoltaikanlagen: ein Anschluss an das Stromnetz technisch möglich ist

und unter Berücksichtigung der Konfiguration, Größe und Lage der Anlage eine Standorteignung gegeben ist.

Diese Bodenstandorteignung wird nunmehr durch die PKV definiert und bei Erreichen einer entsprechenden Punkteanzahl als gegeben erachtet, wobei je nach Bodenfunktionsbewertung (gemäß ÖNORM L 1076, Grundlage zur Bodenfunktionsbewertung, Ausgabe 15.03.2013) unterschiedlich hohe Punkte erreicht werden müssen (vgl § 1 Abs 2 PKV):

Kategorie gemäß Bodenfunktionsbewertung (hinsichtlich der Produktionsfunktion)erforderliche Punktezahl
Böden der Kategorien 1, 2 und 320
Böden der Kategorie 430
Böden der Kategorie 540

Die einzelnen Punkte werden gemäß der Verordnung je nach Lage (§ 2), Art und Flächeneffizienz (§ 3) sowie Leistung (§ 4) der Anlage vergeben. So würde beispielsweise eine Agri‑PV-Anlage mit einer Engpassleistung von 900 kWpeak, die innerhalb eines Abstandes von 150 m zum Fahrbahnrand einer Autobahn errichtet werden soll, insgesamt 25 Punkte erreichen. Damit würde eine Bodenstandorteignung für Böden der Kategorien 1, 2 und 3 vorliegen.

Zusätzliche Punkte können über die Flächeneffizienz erreicht werden. Für spezifische Energieerträge ab 750 bis 1100 MWh/ha gibt es 5 Punkte, für spezifische Energieerträge größer 1100 MWh/ha 10 Punkte. Als spezifischer Energieertrag gilt das Verhältnis von jährlichem Energieertrag zur Gesamtfläche der Anlage (vgl § 3 Abs 2 Z 3 PKV).

Für bestimmte Standorte ist keine Bewertung der Bodenstandorteignung nach Punkten, sondern nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen (vgl § 5 PKV); dies betrifft Standorte

  1. innerhalb der Grenzen von ausgewählten Anlagen (Bergbaustandorte, bestimmte Deponieflächen, Umspannwerke, kommunale Kläranlagen) sowie Wasserkraftwerken mit einer Engpassleistung > 1 MW,
  2. auf gesicherten oder sanierten Altlasten,
  3. auf künstlichen Wasserkörpern und nicht gewidmeten Verkehrsflächen sowie
  4. innerhalb raumstruktureller Insellagen.

Eindeutige rechtliche Grundlagen versus unverbindliche Leitlinien

Das in der PKV zur Anwendung kommende Punktesystem ist insgesamt innovativ und praktisch grundsätzlich sinnvoll. So wird dem potenziellen Anlagenbetreiber anhand einer einfachen und nachvollziehbaren Punkteverteilung (sofern es sich nicht um einen Anwendungsfall des § 5 PKV handelt) im Sinne der Rechts- und Investitionssicherheit vermittelt, wo die gewünschte PV-Anlage situiert werden kann beziehungsweise ob der gewünschte Anlagenort unter Umständen ungeeignet ist, die Anlage mit den projektierten technischen Spezifika zu realisieren.

Insbesondere im Vergleich zu anderen Bundesländern zeigt sich, dass derartige Regelungsvorgaben zu begrüßen sind. So wird etwa in Oberösterreich vorgegeben, dass freistehende PV-Anlagen im Grünland im Wesentlichen (abgesehen von einer möglichen Anlage in Verbindung mit einer bestimmungsgemäßen Grünlandnutzung) nur mit einer entsprechenden Sonderausweisung errichtet werden dürfen. Zwar wird dem Projektwerber in Form der „OÖ-Photovoltaik Strategie 2030“ ein Leitfaden zur Verfügung gestellt, dieser entfaltet aber (höchstes) eine mittelbare rechtliche Wirkung (vgl dazu bereits https://www.360ee.at/veni-vidi-widmung-keine-photovoltaik-ohne-raumordnung/ ). Zwar müssen Leitlinien auf dem Weg zur Projektrealisierung wohl oder übel beachtet werden, der Projektwerber hat damit allerdings keine Gewissheit, ob der präsumtive Standort laut Ansicht der Behörden letztendlich dann nicht doch als ungeeignet erscheinen könnte.

Dementsprechend sieht etwa der Kriterienkatalog „PV-Freiflächenanlagen“ der „OÖ‑Photovoltaik Strategie 2030“ eine Farbenlegende (Rot = Ausschlusskriterium; Gelb = tiefergehende Prüfung bei diesen Kriterien erforderlich; Grün / Grün = im jeweiligen Fachgebiet ein optimaler bzw günstiger Bereich [sofern definiert]) vor, anhand der die gewünschte Projektfläche bewertet werden soll. Die Kriterien sind im Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informationssystem (kurz: „DORIS“) „zu finden“ (vgl Seite 38 OÖ-Photovoltaik Strategie 2030). Dass die Standortwahl auf diese Art eher abschreckend als anregend erscheint, liegt auf der Hand. Vor allem, da nicht alle den Fachgebieten zugehörige Kriterien anhand bestehender Karten abgebildet werden können.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob auch die Bundesländer ohne rechtsverbindliche Parameter(vgl hierzu etwa auch bezüglich Steiermark: Leitfaden zur Standortplanung und Standortprüfung für PV-Freiflächenanlagen, Stand 04/2021) hinsichtlich klarer rechtlicher Vorgaben betreffend die Standorteignung nachziehen werden. Im Hinblick auf den grundsätzlich oft beschwerlichen Weg zur Anlagenrealisierung wären nachvollziehbare gesetzlichen Vorgaben jedenfalls wünschenswert.

Mario Laimgruber

Ing. Mario Laimgruber, LL.M. ist Rechtsanwalt mit dem Tätigkeitschwerpunkt Umwelt- und Anlagenrecht.

Lukas Grabmair

Mag. Lukas Grabmair ist Rechtsanwaltsanwärter bei der Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH. Sein Tätigkeitsgebiet umfasst das Umweltrecht sowie das Vertrags- und allgemeine Zivilrecht.


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