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E-Control: Aktionsplan Netzanschluss

Johannes Hartlieb, Kaleb Kitzmüller | 11.07.2023

Photo by Waldemar Brandt on Unsplash

Was bisher geschah…

Die gesetzliche Definition des (Strom-)Netzanschlusses klingt trivial: Die physische Verbindung der Anlage eines Kunden oder Erzeugers von elektrischer Energie mit dem Netzsystem. Für die Energiewende ist der Netzanschluss von zentraler Bedeutung: Nur wenn möglichst hohe Erzeugungskapazitäten an das Stromnetz angeschlossen werden, kann der Umstieg auf erneuerbare Energieträger gelingen, gerade aufgrund der nur unzureichend verfügbaren Speicherkapazitäten.

In der jüngeren Vergangenheit hat der Netzanschluss von Ökostromanlagen Kontroversen hervorgerufen, ja sogar polarisiert. Dabei ging es naturgemäß (auch) um die Vergütung des Netzanschlusses, die erst kürzlich neu geregelt wurde und sogar vor dem Handelsgericht Wien gelandet ist, nachdem die Regulierungskommission der Energieregulierungsbehörde E-Control einen Bescheid erlassen hatte.

Zusammengefasst kam die Regulierungskommission der E-Control in der erwähnten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass für den Netzanschluss von Ökostromanlagen kein Netzzutrittsentgelt zu bezahlen ist, wenn weder ein neuer Anschluss errichtet noch ein bestehender Anschluss ertüchtigt werden muss, zumal im Anlassfall die Engpassleistung der anzuschließenden Ökostromanlage in der vereinbarten Anschlusskapazität Deckung fand. In der Folge machte die Netzbetreiberin das begehrte Netzzutrittsentgelt klagsweise vor dem Handelsgericht Wien geltend.

In der (nicht rechtskräftigen) Entscheidung zu GZ 51 Cg 82/22y vom 28.05.2023 folgte das Handelsgericht Wien im Ergebnis der Entscheidung der Regulierungskommission, wobei das Gericht vor allem das Argument der erstmaligen Herstellung von Leitungsanlagen als wesentlich hervorhob. Da im konkreten Fall keine weiteren Leitungsanlagen erstmalig herzustellen (bzw abzuändern) waren, handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um keinen Netzzutritt iSd § 54 Abs 1 ElWOG 2010. Allfällige Aufwendungen im vorgelagerten Netz sind dabei nicht wesentlich. Festgehalten wurde zudem, dass die in den § 54 Absätzen 2 bis 4 ElWOG 2010 enthaltenen Regelungen weiterhin im Lichte der Grundregel des § 54 Abs 1 ElWOG zu beurteilen sind, wobei es nur ein Netzzutrittsentgelt gebe, aber der Höhe nach verschiedene Be- und Verrechnungsvarianten. Im Ergebnis führt das Gericht aus, dass es unabhängig vom Hinzutreten von neuen Erzeugungs- oder Verbrauchsanlagen hinsichtlich eines Anschlusspunkts auch nur einen Netzzutritt gebe. Kurz zusammengefasst hält das Gericht zur Einmaligkeit fest:

„Ein Netzanschluss = ein Netzzutritt = ein Netzzutrittsengelt“

Zusammengefasstes Ergebnis der E des HG Wien vom 28.05.2023, GZ 51 Cg 82/22y

In dieser Gemengelage hat die E-Control bereits Anfang 2022 einen Leitfaden zum Netzanschluss veröffentlicht, den sie im Jänner 2023 aktualisiert hat. Am 5. Juli hat die E-Control nun einen „Aktionsplan Netzanschluss“ veröffentlicht. Die wesentlichen Anliegen hat die E-Control in einem eigenen Dokument zusammengefasst.


„Die physische Verbindung der Anlage eines Kunden oder Erzeugers von elektrischer Energie mit dem Netzsystem“

Gesetzliche Definition des Netzanschlusses

Zweck des neuen Aktionsplans

Der neue Aktionsplan dient weniger der Klärung unklarer rechtlicher oder technischer Fragen, sondern vielmehr der Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren im Sinne der Energiewende. Die E-Control möchte einerseits Prozesse standardisieren und andererseits zu einer besseren Kommunikation zwischen allen Beteiligten beitragen (gemeint sind damit primär Netzbenutzer und Netzbetreiber). Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Netzanschluss kleinerer PV-Anlagen, die das Gros aller Netzanschlussanträge ausmachen.

Wesentliche Inhalte

Im Hinblick auf den Netzanschluss kleiner PV-Anlagen (bis 20 kW Engpassleistung) enthält der Aktionsplan einen detaillierten Ablaufplan. Dieser gliedert sich in vier Phasen, von der Planung und Beauftragung bis zu Errichtung und Betrieb.

Dabei betont die E-Control die hohe Bedeutung der frühzeitigen Kontaktaufnahme mit dem Netzbetreiber, um allfällige technische Hürden bereits frühzeitig aus dem Weg räumen zu können. Erwähnt werden auch die Ökostrom-Förderungen. Insbesondere Netzbenutzer, die keine Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzrechts sind, sollten jedenfalls darauf achten, den Antrag auf Förderung vor „Beginn der Arbeiten“ (wozu auch Bestellungen gezählt werden) zu stellen.

Im Hinblick auf zu geringe Kapazitäten der Verteilernetze betont die E-Control, dass die Anschlusspflicht auch dann besteht, wenn eine Einspeisung erst durch die Ertüchtigung des Netzes möglich wird. Sollten derartige Ertüchtigungsmaßnahmen notwendig sein, verzögert sich der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage um höchstens ein Jahr ab Abschluss des Netzzugangsvertrags (Netzebenen 7 bis 5).

Dabei betont die E-Control die Bedeutung der effizienten Nutzung vorhandener Kapazitäten (Konzept der netzwirksamen Leistung) sowie die Transparenz der vorhandenen und gebuchten Kapazitäten, die neuerdings von der E-Control zur Verfügung gestellt werden.

Nicht zuletzt geht die E-Control im Aktionsplan auf weitere technische Herausforderungen ein und gibt einen guten Überblick über den PV-Ausbau im vergangenen Jahr.

What’s next?

Die Initiative der E-Control ist zu begrüßen und erleichtert gerade Privaten den Netzanschluss ihrer kleinen PV-Anlage. Daneben gibt die Behörde einen guten Überblick über die drängendsten Herausforderungen und zeigt Lösungswege auf, die sich in der Praxis bereits bewährt haben (best practice).

Freilich wird auch dieser Aktionsplan nichts daran ändern, dass Netzkapazitäten ein beschränkt verfügbares Gut sind und der Netzausbau nicht über Nacht erfolgen kann. Dies macht den Aktionsplan jedoch umso wertvoller, da er aufzeigt, wie die knappen Ressourcen möglichst effizient genutzt werden können. Damit ist nicht nur dem Netzanschlusswerber, sondern auch dem Netzbenutzer als Zahler der Netzentgelte geholfen.

Johannes Hartlieb

Johannes Hartlieb

Dr. Johannes Hartlieb, BSc ist Rechtsanwalt und auf Regulierungs-, Vergabe- und Wettbewerbsrecht spezialisiert.

Kaleb Kitzmüller

Mag. Kaleb Kitzmüller, LL.M. (Amsterdam) ist Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Energievertragsrecht, Corporate/M&A, Immobilienrecht und Klimaschutzrecht.


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